Forschung
Ander(e)s Wissen
Knotenpunkt interdisziplinärer WissensforschungDas Forum Ander(e)s Wissen versteht sich als intellektueller Knotenpunkt für die große Bandbreite kritischer, künstlerischer und experimenteller Ansätze in der interdisziplinären Wissensforschung. Wir fragen aus primär kultur- und sozialwissenschaftlich verankerten Perspektiven danach, was alles Wissen ist, wie Wissen entsteht, und wie wir Wissen noch ganz anders denken und aufspüren können. Wir bieten eine Plattform für die Auseinandersetzung mit etablierten Wissenskategorien, mehr noch aber für jene Arten des Wissens, die durch die gängigen und historischen Raster nordatlantisch institutionalisierter Erkenntnistheorie(n) fallen. Wo kulturelle Vielfalt ist, da ist auch epistemologische Vielfalt, und wir möchten von ihr lernen.
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Die Lehrsammlung Robert Wichard Pohl
gefördert im Rahmen der Programmausschreibung „PRO*Niedersachsen - Kulturelles Erbe - Sammlungen und Objekte"
Ab etwa 1920 entwickelte der Experimentalphysiker Robert Wichard Pohl (1884-1976) in Göttingen ein innovatives Lehrkonzept: Er konstruierte spezielle Aufbauten für Demonstrationsversuche, die als Schattenprojektionen an die Hörsaalwand geworfen wurden. Dazu erschien ab 1930 ein dreibändiges Lehrbuch, dass bisher in 24 Auflagen erschien und in welchem Schattenrisse zahlreicher Versuche abgedruckt sind. Der Medienverbund aus Lehrwerk und Versuchsaufbauten, die in Serie von „Spindler & Hoyer. Mechanische und optische Werkstätten" in Göttingen produziert wurden, war ein physikdidaktischer Exportschlager mit weltweitem Erfolg.
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Forschungskolleg "Wissen | Ausstellen"
gefördert von der VolkswagenStiftung im Rahmen ihrer Ausschreibung Wissenschaft und berufliche Praxis in der Graduiertenausbildung
Ausstellungen sind Orte, an denen und durch die gesellschaftlich verfügbares Wissen aufgenommen, verhandelt, verändert und vermittelt wird. Sie sind Deutungsinstanzen, schaffen Sinnbezüge und dienen der kulturellen und gesellschaftlichen Selbstvergewisserung. Damit spielen sie eine entscheidende Rolle im Prozess der Generierung und Verhandlung von Wissen in wissensbasierten Gesellschaften. Das geplante Promotionskolleg zielt darauf, das interdependente Feld zwischen Wissen und Ausstellungen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts anhand von sieben Fallbeispielen zu untersuchen und ihre Beziehung mit wissenshistorischen Methoden zu analysieren. Welches Wissen, das in akademischen und gesellschaftlichen Diskursen kursiert, findet Eingang in eine Ausstellung? Wer sind die Träger*innen und Vermittler*innen des Wissens? Wie wird dieses Wissen in Ausstellungen expliziert, in Objektarrangements übersetzt, selektiert oder verändert?
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Materielle Kulturen des intellektuellen Austauschs zwischen Deutschland und Russland
Kooperation mit Anna Kotomina vom Polytechnischen Museum und der Staatlichen Russischen Universität für Geisteswissenschaften Moskau, RGGU (DfG Förderung zur Forschungsanbahnung)
Das Projekt soll den intensiven Austausch zwischen Russland und Deutschland untersuchen, der um 1900 im Zuge der Herausbildung einer internationalen Forschungsgemeinschaft zu beobachten ist. In dieser Zeit etablierten sich die Verfahren der experimentellen Psychologie in Bereichen jenseits der Psychologie (in der Industrie, der Erziehung und den Künsten). Die Ausgangsfrage angesichts dieser Entwicklung ist: Wie verteilten sich die internationalen Standards zur Vermessung des Menschen und wie kam es zu ihrer disziplinären Entgrenzung? Dieser Frage soll exemplarisch am Wissenstransfer zwischen Deutschland und Russland nachgegangen werden. Für ein tieferes Verständnis der Forschung in beiden Ländern wird die materielle Kultur des Wissenstransfers in den Blick genommen (Instrumente, Bilder, Laborobjekte), die im Gegensatz zu dem weitgehend bekannten schriftlichen Austausch der Wissenschaftler kaum untersucht wurde. Die entscheidenden Quellen hierzu stellen wissenschaftliche Sammlungen auf dem Gebiet der Physik und Psychologie dar, die sich u.a. im medizinhistorischen Museum in Moskau und im psychologischen Institut in Leipzig befinden. In Göttingen wären die Sammlungen des physikalischen Instituts, der Astrophysik und die Modellkammer von Belang. These des Projekts ist, dass durch den Einbezug der zwischen den Wissenschaftlern zirkulierten Materialien eine andere Geschichte des intellektuellen Austauschs nachvollziehbar wird.
Wissenspraktiken. Bilder in der Geschichte der experimentellen und angewandten Lebenswissenschaften
gemeinsam mit Jana August am ZfL Berlin durchgeführtes Projekt
Im Projekt wird der Einsatz von Bildern in der Wahrnehmungsforschung untersucht. Dabei sind die Überlegungen leitend, dass Bilder (wie Reizbilder, Modellbilder oder Testbilder) einen entscheidenden Anteil an der Entstehung von Wissen haben, dass sie als Vermittler zwischen Experimentalpraxis und Theoriegewinnung agieren und dass sie weit über den wissenschaftlichen Raum hinaus wirken (etwa wenn sie von Künstlern anverwandelt werden). Ziel ist es - im Sinne der historischen Epistemologie - die Ausbreitung des mithilfe von Bildern gewonnenen Wissens nachzuvollziehen und seine medialen, politischen und sozialen Implikationen in den Blick zu bekommen. Ein besonderes Augenmerk wird auf die Ästhetik des Wissens gelegt, zugleich perspektiviert das Projekt die Voraussetzungen einer aktuellen Konjunktur empirischer Forschung.
Der Frage nach der epistemischen Funktion von Bildern wird an zwei Fallbeispielen aus der Wahrnehmungsforschung des 19. Jahrhunderts nachgegangen.
- Sehstörungen. Grenzwerte des Visuellen in Künsten und Wissenschaften
hg. von Anne Kathrin Reulecke und Margarete Vöhringer.