Niedersächsische Umweltgeschichte im Spiegel archivalischer Quellen des 18. bis 20. Jahrhunderts. Dokumentation und Einführung in einschlägige Aktenbestände
Bis in die jüngste Vergangenheit galt Niedersachsen als Agrarland mit zahlreichen Inseln gewerblich-industrieller Verdichtung sowie ausgedehnten Forsten. Wirtschaftliche und soziokulturelle Prozesse prägten seit jeher das Bild der Kulturlandschaft und das spezifische Mensch-Umwelt-Verhältnis in den verschiedenen Regionen des Landes.
Gegenstand der Umweltgeschichte sind die sich wandelnden Beziehungen zwischen menschlicher Gesellschaft und naturaler Umwelt. Diese wird dabei als ein System angesehen, welches durch das Eingreifen des Menschen verändert wird und seinerseits auf die Einwirkungen des Menschen reagiert. Mit dem Witterungsgeschehen oder dem historischen Klimawandel rückt jedoch auch die primär agierende Funktion dieses Systems mit ihren Folgen für den Menschen in den Blick (Sturmfluten, Hagelschlag etc.). In Niedersachsen bieten landschaftliche Vielfalt und eine außerordentlich facettenreiche Vergangenheit günstige Voraussetzungen, um die historischen Beziehungen zwischen Mensch und Umwelt sowie die Bedeutung naturaler Ressourcen für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung zu analysieren.
In seinen über das ganze Land verteilten Archiven besitzt Niedersachsen einen einzigartigen Fundus an historisch-ökologischen Informationen. Um den Zugang zu diesen Informationen zu vereinfachen, wird im Rahmen des oben genannten Vorhabens eine kommentierte flächendeckende Übersicht der einschlägigen historischen Aktenbestände in den einzelnen Staatsarchiven vorgelegt. Umwelthistorisch interessierte Wissenschaftler, aber auch Vertreter der Forst-, Umwelt- und Naturschutzverwaltung erhalten damit Gelegenheit, geschichtliche Faktoren als Zusatzkriterien bei der Beurteilung von Veränderungen unserer natürlichen Lebensgrundlagen mit einzubeziehen. Die geschichtliche Perspektive fördert das Verständnis für die Bedingungen umweltbedeutsamer menschlicher Handlungen. Das untenstehende Diagramm illustriert mit seiner Darstellung der Baumartenentwicklung im niedersächsischen Harz die Potentiale einer auf Archivmaterial gestützten historischen Ökologie.
Kernstück des Vorhabens ist die Entwicklung einer Internet-Rechercheplattform, welche über die Homepage des Niedersächsischen Landesarchivs erreichbar sein wird. Durch die Eingabe von Suchbegriffen lassen sich vom heimischen PC aus die fraglichen Aktenbestände archivübergreifend rasch eingrenzen und ermitteln. Das Projekt stellt Basisinformationen und grundlegendes Wissen zu einem wichtigen Bereich der Landesgeschichte bereit. Es dient darüber hinaus der Zusammenarbeit von wissenschaftlichen Institutionen in Niedersachsen sowie der Vermittlung wissenschaftlicher Erträge an eine breitere, interessierte Öffentlichkeit.
Die Arbeiten begannen am 1. August 2007, sie haben eine Laufzeit von zwei Jahren und werden von den beiden Historikern Dr. Peter-M. Steinsiek und Dr. Johannes Laufer in Kooperation mit dem Niedersächsischen Landesarchiv durchgeführt. Die Finanzierung erfolgt durch das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur. Reisemittel steuern die Niedersächsischen Landesforsten sowie die Göttinger Schünemann-Stiftung bei. Eine Zusammenarbeit besteht u.a. mit dem hiesigen DFG-Graduiertenkolleg „Interdisziplinäre Umweltgeschichte“.
Das Projekt wurde von 2007 bis 2010 von Dr. Johannes Laufer und
Dr. Peter-Michael Steinsiek durchgeführt.
Bildnachweis
Zum Deichbruch:
Quelle: Niedersächs. Landesarchiv – Staatsarchiv Oldenburg, Bestand 298 Z 1115 (URL http://commons.wikimedia.org/wiki/Image:Deichbruch.GIF?uselang=de; Abfrage vom 1.10.2007).
Zum Säulendiagramm:
Quelle: Peter-M. Steinsiek et al., Auf dem Prüfstand [...], in: Wolfgang Ingenhaeff et al. (Hg.), Bergbau und Holz, Innsbruck 2006.