Medizinische Fakultät
Die Medizinische Fakultät gehörte zu den vier Gründungsfakultäten der Georg-August-Universität Göttingen, doch sie stand anfangs ein wenig am Rand. Während im 18. Jahrhundert an anderen Universitäten die „anatomie, botanic, chymie, theoria mediaca und praxii“ Kernelemente des Medizinstudiums waren, setzte die Verantwortlichen in Göttingen schon früh auf spezialisierte Institute – zuerst die Anatomie und bald darauf die Chirurgie, für die 1781 ein „Wundärztliches Hospital geschaffen wurden. Zunehmend verstand man in Göttingen die Medizin nicht nur als theoretisches Studium, sondern suchte die praktische Anwendung, so dass 1752 mit dem „Accouchierhaus“ die erste akademische Entbindungsanstalt in Deutschland gegründet wurde. Die sich enwickelnden Disziplinen gegeneinander abzugrenzen erwies sich allerdings als teilweise schwierig und mühsam und weniger gewinnbringend als gedacht.
In einem neuen Gebäudekomplex, dem sog. Ernst-August-Hospital, wurden dann 1850 alle medizinischen Fächer gemeinsam untergebracht, nämlich die Klinken für Chirurgie, innere Krankheiten, für Sinneskranke, für Augen- und Ohrenkrankheiten sowie das Pathologische Institut. Hingegen etablierten sich die Pharmakologie 1873 und die Zahnheilkunde ab 1909 als Fach. Tatsächlich erlebte die Humanmedizin im Verlauf des 19. Jahrhunderts eine solch rasche Entwicklung, dass bereits zum Ende des Jahrhunderts Neubauten überlegt wurden und 1891 für die Chirurgische Klinik ein eigener Komplex geschaffen wurde. Um diesen wurden im Verlauf der folgenden Generation zahlreiche Einzelkliniken gebaut.
Um die Wende zum 20. Jahrhundert gab es auch in der Medizinischen Fakultät Gegner des Frauenstudiums wie Friedrich Benjamin Osiander, aber auch Befürworter wie Wilhelm Epstein. Doch einzelne Professoren gestatteten gelegentlich Privathörerinnen Zugang zu Vorlesungen. bis 1908 ein Erlass das Frauenstudium offiziell erlaubte.
In der Zeit des Nationalsozialismus wurden jüdische Dozierende entlassen und jüdische Studierende exmatrikuliert. Gleichzeitig waren Göttinger Mediziner an Euthanasie und Zwangsarbeit beteiligt wie zudem Zwangssterilisationen bspw. unter Rudolf Stich durchgeführt wurden.
Das Leben mehrerer Nobelpreisträger ist eng mit der medizinischen Fakultät verknüpft. So studierte Robert Koch (Nobelpreis 1906) in Göttingen. Erwin Neher, der ab 1983 Direktor am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen war, wurde 1991 gemeinsam mit Bert Sakmann mit dem Nobelpreis ausgezeichnet.
Literaturverzeichnis
- Zimmermann, Volker: "Eine Medicinische Facultät in Flor bringen". Zur Geschichte der Medizinischen Fakultät der Georg-August-Universität Göttingen, Göttingen 2009.