Kunstwerk des Monats im Mai 2014
04. Mai 2014
Pablo Picasso "Porträt Francoise Gilot 14. Juni 1946"
Vorgestellt von: Prof. Dr. Carsten-Peter Warncke
Mit flüchtigem Blick zeigt sich Picassos Grafik nur als eine mit wenigen Strichen schnell hingeworfene Skizze, doch der Eindruck täuscht.
Denn nur selten kommen so wie hier in einem einzelnen Bild so viele Aspekte seines privaten und professionellen Lebens zusammen. Françoise Gilot, seine langjährige Lebensgefährtin und Mutter der beiden gemeinsamen Kinder Claude und Paloma, war und ist selbst Künstlerin, außerdem Autorin eines Buches, in dem sie ausführlich ihr Leben mit Picasso geschildert hat. Sie eröffnet damit eine Sicht auf seine Persönlichkeit und Kreativität, die uns in die Lage zu versetzen scheint, quasi an seinem Intimleben teilzuhaben und ihm bei der Arbeit über die Schulter schauen zu können. Das ist jedoch ein subjektiver Blick und für eine wissenschaftliche Interpretation nicht unproblematisch, ganz abgesehen davon, dass Picasso mit allen juristischen Mitteln versuchte die Veröffentlichung zu verhindern - allerdings vergebens.
Aber er setzte dem immerhin etwas entgegen, nämlich eine auf den Tag genau präzise Datierung. Seit den frühen 1920er Jahren sind auf diese Weise viele seiner Werke als Dokumente seiner künstlerischen Autobiographie ausgewiesen. Damit wird es möglich, der Wahrheit des persönlichen Erlebens mit Methoden der kunsthistorischen Wissenschaft die Wahrheit der Kunst gegenüber zu stellen.