Kunstwerk des Monats im Mai 2008


04. Mai 2008
"Singendes Paar" von Cornelis van Haarlem
Vorgestellt von: Dr. Gerd Unverfehrt

KdM Mai 2008Alle Jahre wieder zeigt die Kunstsammlung anläßlich der Händel-Festspiele ein Werk zum Thema "Art meets Music": Ein junger Mann bringt mit seinem Meßer eine Feuerzange zum Klingen. Er und die Frau neben ihm singen. Das genaue Thema der fast lebensgroßen Halb­figuren­gruppe ist unbekannt. Zwar erinnert sie an traditionelle Dar­stellungen des Gehörsinns, doch verbildlicht sie auch das niederländische Sprichwort "Auf der Feuerzange musizieren", d. h. etwas Unsinniges tun. Ein zur angeschlagenen Feuerzange sing­en­des Paar begegnet zudem in der 1617 in Leiden erschienenen Komödie Lichte Wigger des G. C. van Santen, sodaß schließlich an eine gemalte Illustration dieser literarischen Szene zu denken ist. Das Musizierende Paar ist ein eher un­ty­pisch­es Bild im Werk des Cornelis van Haarlem (1562- 1638). Es steht in der Tradition der besonders in Haarlem beliebten Kluchten-Malerei, der Malerei von Poßen, Schwänken, Karnevals­gebräuchen. Nicht die herz­bewegenden und aus der Phan­tasie geschöpften Themen der Religion und der Mythologie sind gefragt, sondern erheiternde und der Realität abgesehene Szenen. Bekannt ist Cornelis van Haarlem als Maler groß­formatiger mythologischer Szenen mit nackten Figuren in komplizierten Stellungen und Bewegungen. Ge­mein­sam mit den Malern Hendrick Goltzius und Karel van Mander gründete er um 1600 in Haarlem eine Akademie zur Aus­bildung junger Künstler, mit der die traditionelle hand­werkliche Lehre auf eine wissen­schaftliche Basis gestellt werden sollte. Karel van Mander lieferte als Künstler­biograph und Verfaßer eines Lehrbuchs für Malerknaben den theoretischen Unterbau. Die mittel­europäische Kunst­theorie und Kunst­praxis des 17. Jahrhunderts wurde wesentlich von diesen Künstlern geprägt, die nahe der Metro­pole Amsterdam tätig waren. Ein repräsentativer Querschnitt durch das graphische Werk des Hendrick Goltzius war vor einem Jahr in der Aus­stellung Gott & die Welt zu sehen.