Kunstwerk des Monats im Juli 2012
01. Juli 2012
Mythologie im 19. Jahrhundert - Das Bildmotiv der drei beim Bade überraschten Damen
Vorgestellt von: Ifee Tack
Die Kunstsammlung der Universität Göttingen bietet durch ihren vielfältigen Bestand dem Besucher die Möglichkeit unterschiedliche Bereiche der Kunst zu betrachten und ermöglicht zugleich den Studierenden direkt am Objekt zu forschen. Zuschreibung und Deutung eines Kunstwerkes bilden dabei die Grundlage der kunstgeschichtlichen Methodik. Doch manchmal gibt die Bestimmung der Urheberschaft oder des Bildthemas Rätsel auf.
Zu diesen „rätselhaften“ Kunstwerken zählt auch das 1848 entstandene Gemälde „Drei beim Bade überraschte Damen“:
Bis vor einem Jahr noch war das Gemälde dem Maler Jakob Becker
zugeschrieben. Aufgrund von Pinselduktus und Genre war dies jedoch unbefriedigend und warf Fragen auf. Eine erneute eingehende Untersuchung brachte schließlich eine Signatur zu Tage, die nicht nur Künstlername, sondern auch Entstehungsort und -jahr verrät. So wurde aus Jakob plötzlich Friedrich und alles ergab mehr Sinn.
Friedrich Becker, 1808 in Paderborn geboren, studierte wie Jakob Becker, wenn auch nicht zeitgleich, an der Düsseldorfer Akademie. Im Gegensatz zu Jakob Becker, der sich vornehmlich mit der Genremalerei befasste, wählte Friedrich Becker vor allem Themen der mythologischen Historienmalerei für seine Gemälde.
Die Gattung des Historienbildes hat eine lange Tradition in der Bildenden Kunst. Ihre Anfänge liegen bereits in der Antike. Neben historischen Ereignissen, boten die Bibel, sowie die klassischen Mythologie der Antike ausreichend Themen und Bildmotive.
Im Zentrum von Friedrich Beckers Gemälde „Drei Damen bei Bade überrascht“ steht die Darstellung drei junger Damen, welche sich dem Betrachter in unterschiedlichen Ansichten zeigen. Ihre gelöste Kleidung lässt auf ein Entkleiden oder Ankleiden schließen - möglicherweise aufgrund eines Bades. Eingebettet in die Natur vermittelt diese Szenerie den Eindruck der Idylle und Ruhe. Ein Eindruck, der trügt, denn Haltung und Gestik der drei Damen verweisen auf eine unerwartetes Geschehen außerhalb des Bildes und somit unseres Sichtfeldes.
Das Motiv des überraschten Bades ist kein unbekannter Gegenstand der Kunst.
Im Laufe der Jahrhunderte haben unterschiedliche Künstler immer wieder auf Bildmotive, wie das der „Susanna beim Bade“ oder der „Drei Grazien“ zurückgegriffen und diese neu interpretiert.
Welches mythologische Motiv Friedrich Beckers „Drei Damen bei Bade überrascht“ aufgreift, ist ein weiteres Rätsel, das es zu lösen gilt.
Das Gemälde ist als Teil der Ausstellung „Akademische Strenge & Künstlerische Freiheit. Gemälde des 19. Jahrhunderts der Universitätskunstsammlung Göttingen“, noch bis zum 9. September 2012 in den Räumen der Kunstsammlung zu sehen.