Forschungsschwerpunkte
(1) Privatautonomie im Zivilverfahren
Prozessrecht ist im Unterschied zu der bürgerlich-rechtlich tradierten Gewohnheit gemeinhin nicht verfügbar. Dennoch gibt es hier gewisse Einbruchstellen privatautonomer Ausgestaltung: Prorogation und Derogation, Prozessverfügungen, Vollstreckungsunterwerfung sowie vor allem die Ausgestaltung des Insolvenzverfahrens per Insolvenzplan (§§ 217 ff. InsO), sei es zum Zwecke von Sanierung oder Abwicklung, und natürlich das Schiedsverfahren (§§ 1025 ff. ZPO).
(2) Rechtsgrundlagen alternativer Streitbeilegung
Das Richteramt vereinigt nach deutschem Verständnis schon seit jeher Entscheid und Vergleich (§ 278 Abs. 1 ZPO). Erörtert werden darüber hinaus Anlässe, Grundlagen und Grenzen von Formen alternativer Streitbeilegung im engeren kontinentalen wie weiteren anglo-amerikanischen Verständnis (sog. „alternative dispute resolution“).
(3) Deutsches, ausländisches und internationales Schiedsverfahrensrecht
Ein klassischer Anwendungsfall für private prozessuale Regelung ist das Schiedsverfahren (national: §§ 1025-1066 ZPO). Es ist in seiner ganzen Breite Gegenstand der Forschungsinteressen; das betrifft das „Ob“ schiedsrichterlicher Entscheidung, das „Wie“ der Ausformung des Verfahrens und ebenso das Zusammenspiel mit Staatsgerichten.
Es bestehen Überlegungen, das derzeitige Schiedsverfahrensrecht zu novellieren. Dafür kann auf eine vom Lehrstuhlinhaber vorgelegte, umfassende Reformbedarfsanalyse (ZZPInt. 23 [2018], 259) zurückgegriffen werden. Inzwischen hat das Bundesjustizministerium weiterführende Eckpunkte [18.04.2023] veröffentlicht*, wobei auch das Zusammenspiel mit den neukonzipierten staatlichen Handelsgerichten (sog. Commercial Courts [RegE: 16.08.2023] – siehe dazu auch das NJW-Editorial 24/2023 [15.06.2023]) eine große Rolle spielt.
*Näher dazu nun JZ 2023, 958-967: Vom Beruf unserer Zeit zur Reform des Schiedsrechts
Die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Schiedsrecht schlägt sich außerdem in der Betreuung des Göttinger Teams für den Willem C. Vis International Commercial Arbitration Moot nieder (gemeinsam mit Prof. Dr. IVO BACH), einem jährlichen weltweiten Wettbewerb unter Studierenden in Form von simulierten Gerichtsverhandlungen (Näheres siehe: Homepage des Göttinger Vis Moot Teams).
(4) Vorsorgende, insbes. notarielle, Rechtspflege
Bearbeitet werden aktuelle Fragen des notariellen Berufsrechts und der kautelaren Gestaltungspraxis, insbes. im Grundstücksverkehr, aber z.B. auch die Freizügigkeit von Urkunden im europäischen Rechtsverkehr. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auch auf Beurkundung und Urkundsrecht, einschließlich der Querverbindungen zu BGB und ZPO.
(5) Inhalt und Schutz dinglicher Rechte
Eigentum und beschränkte dingliche Positionen bilden die Grundlage gedeihlichen Zusammenlebens sowie auch einer funktionierenden Kreditwirtschaft. Es geht insoweit hier um Inhaltsbestimmung („materielle Perspektive“) und Rechtsschutzgewähr („prozessuale Sichtweise“), um Abgrenzung, Funktionen, Typisierung, außerdem ferner noch um Dinglichkeit und passiges Zusammenspiel der Faktoren. Und dies umfasst auch die konträre Position (Pflicht, Anspruch, Haftung).
Immer war und ist stets besonderes Anliegen die Verwertung rechtsvergleichender Erkenntnisse, vor allem mit Blick auf die Europäischen Nachbarländer, und das immer drängendere Bestreben verstärkter Angleichung der nationalen Zivil- bzw. -prozessrechte. Die traditionelle rechtsgeschichtliche Aufbereitung der Sachprobleme wird daneben aber nicht etwa vernachlässigt, sie ist weiterhin ein wichtiges Fundament rechtsdogmatischer Forschung, und ihr gilt auch das besondere Augenmerk des Lehrstuhlinhabers. Dies zumal auch darum, weil letzthin bloß die Symbiose aus geographischem und historischem Vergleich die Problematik nationaler Lösungswege offenlegt und ihre profunde Bewertung erlaubt.
Siehe auch: Publikationen