Das koptische Alte Testament
Die Übersetzung des griechischen Alten Testamentes (Septuaginta/LXX) in die klassische Literatursprache des Koptischen, das Sahidische, vom 3.-5. Jh. war neben der des Neuen Testaments eines der bedeutendsten Übersetzungsprojekte der Spätantike und ist somit ein einmaliges Monument der Geistes-, Religions- und Kulturgeschichte des östlichen Mittelmeerraums. Diese Übersetzung prägte und entwickelte die Literatursprache des christlichen Ägypten bis zur Durchsetzung des Arabischen als Alltags- und Kirchensprache im Mittelalter. Die koptische Version ist unter den Übersetzungen des Alten Testamentes in die Sprachen des christlichen Orients (Syrisch, Arabisch, Georgisch, Armenisch) die umfangreichste und am längsten bezeugte, und sie wirkte auch auf die entstehende äthiopische Kirche direkt ein. Die Bibel ist die Grundlage der gesamten christlich-koptischen Literatur und religiösen Kultur, insbesondere des wohl bedeutendsten Beitrags Ägyptens zur Geschichte der Christenheit, des Mönchtums. Darüber hinaus ist die Bibelübersetzung in das Sahidisch-Koptische das monumentalste Zeugnis der ägyptischen Sprache in seiner letzten Sprachentwicklungsstufe. Denn diese Übersetzung bildet - schon vom Umfang her - die Hauptquelle für unsere Kenntnis des koptischen Ägyptisch, einer Sprache, die bis heute als ein zentraler Teil der Liturgie der koptisch-orthodoxen Kirche sowohl in Ägypten als auch in der Diaspora überliefert wird. Von den Anfängen bis in die Gegenwart spielen die Lesungen aus dem Alten Testament während der 40-tägigen Fastenzeit und der Pascha-Woche eine wichtige Rolle in der Liturgie der Kopten. Damit reicht die koptische Bibelübersetzung als kulturgeschichtliches Erbe bis in die Moderne.
Eine ausführliche Darstellung der Überlieferungsgeschichte des koptischen Alten Testaments findet sich in Beiträgen von Frank Feder, z.B. in der Einleitung zu seiner vorbildlichen Edition des Corpus Jeremiae (Berlin: De Gruyter 2002).