Public Health und Migration aus einer globalen und interdisziplinären Perspektive
Interdisziplinäre Forschungsgruppe (2022-2024)
Die Covid-19-Krise und ihr globales Management haben die Frage nach dem Schutz des Lebens und dem Recht auf Gesundheit mit neuer Dringlichkeit in den Vordergrund gerückt. Die Pandemie zeigt, dass die Gesundheitsversorgung, die vermeintlich wichtigsten und grundlegendsten Rechte internationaler und nationaler Normbildung, die in globalen, regionalen und nationalen Verfassungen verankert sind, in der politischen Praxis global ungleich verteilt sind. Dies gilt insbesondere für Migrant*innen und postkoloniale Minderheiten. Vor diesem Hintergrund will die interdisziplinäre Forschungsgruppe untersuchen, wie der "Schutz des Lebens" und das "Recht auf Gesundheit" für Migrant*innen und postkoloniale Minderheiten definiert und umgesetzt werden und welche ethischen, sozialen und politischen Fragen sich aus dieser Praxis ergeben.Die Forschungsgruppe verfolgt zwei Forschungsschwerpunkte, die jeweils von 1 Gastwissenschaftler:in und Senior Visiting Scholars geleitet und unterstützt werden:
1) "Recht auf Gesundheit in globaler Normbildung", der sich darauf konzentriert, wie internationale und regionale Organisationen den Zusammenhang zwischen Migration und Gesundheit definieren. Die Forschungsgruppe interessiert sich insbesondere für die Frage, ob die "Recht-auf-Gesundheit"-Norm ihnen hilft, mit internationalen Maßnahmen nationale Politik besser zu beeinflussen. Sie analysiert, wie die globale Normsetzung erfolgt und wie sie die regionale und nationale Ebene beeinflusst.
2) Konzeptualisierung von Anspruchsberechtigung und Zugangsbestimmungen zu Gesundheitsinfrastrukturen und -diensten", mit Schwerpunkt auf der Normbildung und Politikformulierung auf nationaler Ebene. Die Forschungsgruppe interessiert sich insbesondere für die Art und Weise, wie "gesundheitliche Gleichheit" und "Migration" von Akteuren des öffentlichen Gesundheitswesens formuliert werden und wie Zugangspolitiken konzeptualisiert werden.
Reza Bayat (wissenschaftlicher Mitarbeiter, 04/2022-12/2024) konzentriert sich in seinem Projekt "Accessibility as politics of life: A multi-level analysis of migration-related and regime-building policies in the German health care system" aus einer institutionenanalytischen Perspektive auf migrationsbezogene Regimebildung im deutschen Gesundheitssystem. Ziel ist es, die Rolle von politischen Entscheidungen und Strukturen für den Zugang von Migrant:innen zum Gesundheitssystem zu analysieren. Das Projekt nimmt dabei in den Blick, wie das Gesundheitssystem und die Mechanismen der Regimebildung und -abgrenzung in Deutschland Hand in Hand gehen und dokumentiert, wie Migrationsprozesse und -diskurse die Produktion, Definition und Umsetzung des "Rechts auf Gesundheit" und des "Rechts auf Leben" auf verschiedenen Ebenen beeinflussen und gestalten.
Aleksandra Lewicki ist Co-Direktorin des Sussex European Institute und Senior Lecturer in Soziologie an der University of Sussex. In ihrer Zeit als Gastwissenschaftlerin (05/2022-07/2022) teilte sie ihre Erkenntnisse aus drei Forschungsprojekten zum institutionellen Rassismus im deutschen Wohlfahrtsstaat - darunter ihre Forschung zum Thema "Care Ethics and the Production of Racial and Moral Others", die sie als Postdoctoral Research Fellow an der Freien Universität Berlin durchführte, sowie zwei kollaborative Folgeprojekte zu Diskriminierung in der Gesundheitsversorgung, die von der Stiftung Mercator bzw. der Antidiskriminierungsstelle des Bundes in Auftrag gegeben wurden. Im Rahmen der Forschungsgruppe hat sie auch neue Forschungsarbeiten zu institutionellen Kulturen und Dynamiken des Rassismus im Gesundheits- und Sozialwesen entwickelt.