Foto ATLAS

Rund 100 Meter unter der Erde liegt am Forschungszentrum CERN in der Nähe von Genf der größte Teilchenbeschleuniger der Welt: der Large Hadron Collider (LHC). Seit 2009 in Betrieb beschleunigt er Protonen auf bis zu 99,9999991% Lichtgeschwindigkeit, um sie dann an vier Großexperimenten gezielt zur Kollision zu bringen. Das II. Physikalische Institut beteiligt sich an einem der vier, dem ATLAS Experiment.

Durch die Daten der Protonenkollisionen, die seit 2010 bei Schwerpunktsenergien von zunächst 7, dann 8 und mittlerweile 13 TeV aufgezeichnet werden, erhalten die über 3000 beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Erkenntnisse über die fundamentalen Bausteine unseres Universums. Die ATLAS Gruppe am II. Physikalischen Institut beteiligt sich an der Entwicklung und am Betrieb des Detektors, an der Datenanalyse und an der Entwicklung der IT-Infrastruktur für verteiltes Rechnern und Speichern der Daten (Grid Computing).

Anlässlich des 25-jährigen Jubiläums der ATLAS-Kollaboration (2017) hat die ATLAS-Gruppe des II. Physikalischen Instituts Grußvideos erstellt:










Detektorentwicklung

(Prof. S. Lai, Prof. A. Quadt)

ATLAS ID

Aufgabe des ATLAS-Detektors ist es, die in ihm bei Proton-Kollisionen erzeugten Teilchen möglichst genau zu vermessen, um Rückschlüsse über deren Eigenschaften wie Energie, Impuls und Flugrichtung zu gewinnen. Dies geschieht unter anderem durch sog. Spurdetektoren, die durch Ionisationssignale ermittelte Trefferpunkte aneinander zu Spuren aufreihen. Die Göttinger ATLAS-Gruppe war an der Entwicklung der innersten Lage des Spurdetektors, des Silizium-Pixel-Detektors, beteiligt und engagiert sich seither in dessen Betrieb. In Vorbereitung der 13 TeV-Datennahme wurde der Pixeldetektor um eine neue Lage, den "Insertable B-Layer" (IBL) erweitert und das ATLAS-Strahl-Monitoring um einen pixelierten "Diamond Beam Monitor" (DBM) ergänzt.

Für die Zukunft muss der ATLAS-Detektor für eine Erhöhung der Luminosität des LHC und der damit einhergehenden höheren Datenrate und einem erhöhten Bestrahlungsniveau aufgerüstet werden. Neue Konzepte und Prototypen werden für den komplett neu geplanten Spurdetektor entwickelt, wozu sowohl Auslesesysteme mit moderner Digitalelektronik als auch Labor- und Teststrahl-Messungen an Prototypen sowie neue Sensorkonzepte und Simulationsstudien gehören.


Datenanalyse (Higgs- und Top-Physik)

(Prof. S. Lai, Prof. A. Quadt)

Higgs to Gamma Gamma

Der LHC liefert genügend Schwerpunktsenergie und Luminosität, um auch besonders schwere und selten produzierte Teilchen in großer Stückzahl zu produzieren. Hierzu gehören das Higgs-Boson und das Top-Quark, die beide in der Göttinger Datenanalyse-Gruppe studiert werden.

Seit der Entdeckung des Higgs-Bosons am LHC im Jahre 2012 werden nun dessen Eigenschaften studiert. Beispiele hierfür sind die CP-Quantenzahlen des Higgs-Bosons und dessen (Selbst-)Kopplungen. Weil das Higgs-Boson viele verschiedene Zerfallsmodi besitzt, werden unterschiedliche experimentelle Signaturen im ATLAS-Detektor untersucht.

ttV xsec

Als schwerstes Teilchen des Standardmodells spielt das Top-Quark eine besondere Rolle. Da es als einziges Quark schneller zerfällt, als es hadronisieren kann und zudem an allen fundamentalen Wechselwirkungen im Standardmodell teilnimmt, kann man über das Top-Quark dem Standardmodell über Präzisionsmessungen seiner Eigenschaften und Wechselwirkungen auf den Zahn fühlen und Erweiterungen des Standardmodells testen. Neben solchen Messungen wird in der Göttinger Gruppe auch der Prozess der assoziierten Produktion von Higgs-Bosonen mit Top-Antitop-Paaren studiert.


Grid-Computing

ATLAS Grid

Am ATLAS-Experiment werden Daten mit einer Rate von 2 GB/s genommen. Diese Daten müssen gespeichert und analysiert werden. Möglich ist das nur über eine Verteilung an weltweit über 150 verbundenen Rechenzentren. Dieses verteilte Speichern und Rechnen, Grid Computing genannt, wird am II. Physikalischen Institut weiterentwickelt. Ein Schwerpunkt liegt hierbei auf automatisiertem Monitoring, der Fehlervorhersage und -prävention sowie Studien zur Integration von kommerziellen Cloud-Computing-Lösungen in den Forschungsbetrieb.

Außerdem betreibt die Arbeitsgruppe ein lokales (Tier-3) und ein regionales (Tier-2) Grid-Computing-Zentrum ("Goegrid") im Rahmen der internationalen WLCG-Kollaboration.