Systematik von Ritualfunktionen, Konzepte von Ritualen, literarische Gestaltung von Gebeten

Eine große Menge von Ritualen, die während des 2. und 1. Jt. v. Chr. sowohl am Königshof wie für Privatleute in großem Stil durchgeführt wurden, waren in der Forschung als "abergläubisches Zeug" abgetan worden. Mittels einer dreiteiligen Heuristik gelang es, sich der emischen Perspektive anzunähern und die spezifische Rationalität der "Altorientalen" zu rehabilitieren.

(1) Edition der Gebete, Funktionalitätsanalyse der formalen Mittel und Vergleich mit psychotherapeutischen Verfahrensweisen zeigen theologische und psychagogische Strategien, die sich auf beide Parteien der Kommunikationssituation (Gott und
Mensch) positiv auswirken sollen.

Publikationen:
Die Kunst des Betens : Form und Funktion, Theologie und Psychagogik in babylonisch-assyrischen Handerhebungsgebeten zu Ishtar, Alter Orient und Altes Testament 308 (Münster) 2003.

(2) Ein Strukturvergleich von Handerhebungsritualen und verschiedenen anderen Text- und Bild-Quellen zeigt hinter den verwirrend vielfältigen Ritualvorschriften das durchgängige Konzept der Audienz. Die Zusammenschau der profanen und der liturgischen Quellen lässt den Ablauf sehr genau bestimmen, das Konzept als solches erklärt Sinn und Zweck sämtlicher, auch bis dahin unverständlicher Ritualteile, aber auch Sinn einer sog. babylonischen "Novelle".

Publikationen:
Audienz - Ein Modell zum Verständnis mesopotamischer Handerhebungsrituale. Mit einer Deutung der Novelle vom Armen Mann von Nippur, Baghdader Mitteilungen 34 (2003) 173-195.

(3) Eine Systematik von Ritualfunktionen war dringend nötig, da die allg. religionswissenschaftliche Forschung und die textbasierte Forschung der Altorientalistik auseinander gehen, was zu größeren Verwerfungen geführt hat. Meine Synthese aus den verschiedenen Ansätzen unterscheidet Mikro-, Makro- und Metafunktionen, zeigt deren Verflechtung und bildet eine Basis für den Dialog unterschiedlicher Forscher und Forschungstraditionen. Der Ansatz ist für die Ritualforschung universell anwendbar.

Publikationen:
Für Sinne, Geist und Seele. Vom konkreten Ablauf mesopotamischer Rituale zu einer generellen Systematik von Ritualfunktionen, in: Zenger, E. (Hg.), Ritual und Poesie. Formen und Orte religiöser Dichtung im Alten Orient, im Judentum und im Christentum, Herders Biblische Studien 36, 25-46.

Diese Forschungen sind bislang v.a. von Archäologie und Theologie rezipiert und weiter verwendet worden.