Kirchenherrschaft als Aushandlungsprozess. Die Arbeit des Konsistoriums im Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel von 1568 bis 1617
Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Projekt verfolgt das Ziel, am Fallbeispiel des Konsistoriums des Fürstentums Braunschweig-Wolfenbüttel zwischen 1568 und 1617 die in einem Kirchenleitungsgremium unter den einzelnen Akteuren ablaufenden Aushandlungsprozesse zu untersuchen, um darauf aufbauend Rolle, Funktion und Bedeutung eines Konsistoriums im Prozess der Ausübung und Vermittlung von Kirchenherrschaft im Zeitalter der Konfessionalisierung zu analysieren. Da ab der Mitte des 16. Jahrhunderts in zahlreichen Fürstentümern Konsistorien bzw. Kirchenräte als kirchliche Zentralinstanzen eingerichtet wurden, verspricht das Projekt durch die Verschränkung von Binnen- und Institutionsperspektive einen über das konkrete Territorium hinausweisenden Beitrag zu den Beziehungen zwischen weltlicher Administration, Kirchenleitung, einfachen Geistlichen und Laien im letzten Drittel des 16. und beginnenden 17. Jahrhundert. Dies ermöglicht Erkenntnisse über das Ausmaß der zunehmenden Abgrenzung der Konfessionen ebenso wie über die generellen Rahmenbedingungen der Herrschaftswahrnehmung im frühneuzeitlichen Territorialstaat.
Das Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel, in dem 1568 mit dem Herrschaftsantritt des Herzogs Julius von Braunschweig-Lüneburg das lutherische Bekenntnis eingeführt wurde, bietet sich aufgrund der hervorragenden Quellengrundlage für eine eingehendere Analyse an: Für den Untersuchungszeitraum liegen die Sitzungsprotokolle des wöchentlich tagenden Konsistoriums sowie des mehrmals jährlich einberufenen erweiterten Generalkonsistoriums des Fürstentums nahezu geschlossen vor. In ihnen wurden die Beratungen und Entscheidungen der Konsistorialräte, aber auch die Befragungen der vor das Gremium zitierten Personen festgehalten. Die wissenschaftliche Auswertung dieses über 15.000 Blatt umfassenden Quellencorpus kann dabei auf eine detaillierte Erschließung der Akten zurückgreifen, die im Vorfeld des Projekts am Institut für Historische Landesforschung durchgeführt wurde (s. hier).