Die sogenannte „Steindorff-Liste”
Georg Steindorff (1861-1951) studierte Ägyptologie in Berlin und Göttingen. Seine ersten beruflichen Erfahrungen machte er als Dozent an der Universität von Berlin und als Assistent am Berliner Museum, bevor er zunächst als außerordentlicher Professor, dann als Lehrstuhlinhaber nach Leipzig ging.
Zur Geschichte des Leipziger Museums
Außerdem machte er sich als Ausgräber einen Namen. Hier sind insbesondere die Grabungen auf den Privatfriedhöfen von Giza zu erwähnen. 1939 emigrierte er als Sohn jüdischer Eltern, der zum Protestantismus übergetreten war, nach Amerika.
Nach Beendigung des 2. Weltkrieges stellte er in einem Brief an den amerikanischen Ägyptologen John Albert Wilson (1899-1976) eine Liste zusammen, in der er die Ägyptologen seiner Zeit in drei Kategorien einordnete: Die erste Gruppe umfasste diejenigen „who have proved themselves men of honor” („die sich als Ehrenmänner herausgestellt haben”), die zweite diejenigen, die „the other side of the picture” („die andere Seite der Medaille”) ausmachten und zuletzt die dritte Gruppe, von denen Steindorff „know[s] too little to say anything about their political opinions” („zu wenig wußte, um etwas über ihre politischen Überzeugungen zu sagen”).
Diese sogenannte „Steindorff-Liste” ist eines der wenigen Originalquellen, die zeitgenössische Aussagen enthalten. Über Hermann Kees, den Steindorff in die zweite Kategorie einordnete, heißt es darin:
„Dr. Hermann Kees, professor of Egyptology, University of Goettingen, a member of an old Saxon land-owning family, a militarist and junker. He was an army-officer in the First World War, and fought later by all means in his power, openly and secretly, the Weimar Republic. He is anti-democratic from the bottom to his soul. A conservative, he at first opposed Hitlerism, but afterwards became a Nazi. Though I do not know wheather he actually joined the party, I would not trust him, even if he should say that he became Nazi only from compulsion.”
(„Dr. Hermann Kees, Professor für Ägyptologie, Universität Göttingen, Mitglied einer alten Sächsischen Gutsbesitzerfamilie, ein Militarist und Junker. Er war Offizier im Ersten Weltkrieg und bekämpfte später mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln, sowohl offen als auch im Geheimen, die Weimarer Republik. Er ist antidemokratisch vom Kopf bis zu den Zehen. Ein Konservativer, der zunächst gegen den Hitlerismus opponierte, später aber ein Nazi wurde. Auch wenn ich nicht weiß, ob er wirklich Parteimitglied war, würde ich ihm nicht trauen, auch wenn er sagen sollte, dass er nur unter Druck Nazi wurde.”)