Sophie Klotz
Titel der Masterarbeit:
Evolution and consequences of the genetic mutations delta 32ccr5 and C/T 13910
- An investigation of Bronze Age skeletal individuals from the Lichtenstein cave (Lower Saxony)
Im Laufe der Evolution gab es zahlreiche, zufällige Veränderungen von Genen. Während manche davon große Einschränkungen in der Lebensfähigkeit eines Organismus auslösen, können andere Mutationen ein Selektionsvorteil sein. So bewirkt z.B. eine Veränderung im Laktose-Gen eine lebenslange Laktosetoleranz. Mutationsträger haben somit eine weitere Nahrungsquelle zur Verfügung, die Kuhmilch, während Personen mit der ursprünglichen Variante des Gens laktoseintolerant sind und Milchzucker nicht verdauen können. Folglich wirkt ein positiver Selektionsdruck auf die Mutation. Jedoch ist noch nicht vollständig geklärt, in welchen Gegenden und Zeiträumen sich die Mutation verbreitete.
Bei anderen Mutationen ist die Frage nach Selektionvor- oder Nachteil bis heute unklar, sowie bei der 32bp-Deletion des Gens CCR5. Es ist bekannt, dass Individuen mit einer homozygoten Ausstattung der Deletion sich nicht mit dem HI-Virus infizieren. Besonders während der AIDS-Epidemie in den 80er Jahren war dies ein bedeutender Vorteil. Es wurde jedoch nachgewiesen, dass etwa 10% der eurasischen Bevölkerung bereits vor diesem Zeitraum Mutationsträger waren und sich der Anteil seitdem nicht signifikant änderte. Ähnlich wie beim HI-Virus gab es auch während der Pestepidemien Berichte von Personen, welche erkrankte Menschen pflegten, ohne sich selbst mit der hochinfektiösen Seuche anzustecken. Auch bei ihnen wurde die Mutation nachgewiesen, doch auch hier konnte ein vermuteter, positiv wirkender Selektionsdruck nicht signifikant belegt werden. Zugleich ist das Risiko der Ansteckung und eines schweren Verlaufs mit anderen Krankheiten, wie z.B. dem West-Nil-Virus, bei Mutationsträgern erhöht. Bestimmte Krankheiten könnten folglich einen negativen Druck auf die Mutation bewirken. Derzeit wird außerdem untersucht, inwiefern sich die Mutation auf das Infektionsrisiko mit Covid-19 auswirkt. Somit stellt sich die Frage, ob die Mutation einem Selektionsdruck unterliegt, oder ob die heutigen Frequenzen durch Gendrift erklärt werden können.
Durch Analysen beider Mutationen an aDNA bronzezeitlicher Individuen aus der Lichtensteinhöhle kann ein kleiner Einblick in die räumliche und zeitliche Verbreitung gewonnen werden. Mit Hilfe von Literaturrecherche und Vergleichen der Mutationsfrequenzen anderer Populationen sollen Erkenntnisse zur bisherigen und zukünftigen Verbreitung und Bedeutung der Mutationen gewonnen werden.