Siegfried Lenz: Fundbüro. Hamburg 2020 (= Hamburger Ausgabe der Werke, Bd. 15).
Ausgabenherausgeber
- Günter Berg
- Heinrich Detering
Bandherausgeber
Erscheinungstermin: Frühjahr 2020
Fundbüro
Den Roman Fundbüro schreibt der 77-jährige Siegfried Lenz verbittert über den Fremdenhass und die Gewaltbereitschaft, die er in der deutschen Gesellschaft beobachtet, und über die Machtlosigkeit der Rede. „Viele meiner Kollegen und ich haben lange geglaubt, man müsse dem mit dem Angebot zum Gespräch begegnen. Es ist erfolglos geblieben. Es gibt Momente, da muss man sich für die eigene Aktion entscheiden und zuschlagen“, sagt der Schriftsteller im Spiegel-Interview 2003, im Entstehungsjahr des Romans. Einen ähnlichen Wandel durchläuft seine Hauptfigur, Henry Neff, der lange dafür plädiert hat, man solle „miteinander reden“, „zuhören, was jede Seite zu sagen hat“. Als eine Rockergang erst ihn, dann einen baschkirischen Mathematiker und schließlich einen Briefträger aus Nigeria angreift, entschließt sich Henry, die Männer mit seinem Hockeyschläger zu vertreiben, statt die Polizei zu rufen.
Eingebettet wird das Geschehen in das große Lenz-Thema vom Verlust. Angriff und Gegenwehr bilden den Höhepunkt einer vordergründig unaufgeregten Handlung um ein Fundbüro, das unterschiedlichste Menschen kurzzeitig zusammenbringt. Den Figuren kommen wichtige Gegenstände, die große Liebe oder die Lebensperspektive abhanden. Zugleich begegnet man, wie stets bei Lenz, integren Menschen, die ihre Rechtschaffenheit und ihre Träume um keinen Preis aufzugeben bereit sind und die anderen bei der Selbstfindung behilflich zu sein versuchen.
Fundbüro in der Hamburger Ausgabe der Werke
Der Roman erscheint als fünfzehnter Band in der Hamburger Ausgabe der Werke von Siegfried Lenz. Er wurde anhand der Erstausgabe kritisch durchgesehen. Ein umfassender Kommentarteil informiert über die Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte, über Textfassungen, literarische Vorbilder und weitere Quellen und Dokumente, die in seinem Nachlass im Deutschen Literaturarchiv Marbach erschlossen wurden. Zudem rekonstruiert der Stellenkommentar den historischen Hintergrund. Erstmals abgedruckt wird der Inhalt von Notizblättern und Notizbucheinträgen, die in Lenzʼ Nachlass im Deutschen Literaturarchiv Marbach erschlossen wurden, sowie verschiedene Versionen des Romananfangs.