Dr. Tim Nierobisch













Dr. Tim Nierobisch hat in Göttingen sein Promotionsstudium erfolgreich absolviert, und zwar an der Professur für Marketing und Handelsmanagement von Prof. Dr. Waldemar Toporowski.








Warum haben Sie sich nach dem Studium für eine Promotion entschieden?


Für die Promotion habe ich mich auf Grund von drei Haupt-Motivatoren entschieden:



  1. Ich wollte mir beweisen, dass ich mehr schaffen kann. Im Rahmen des Grundstudiums (Bachelor) und der Spezialisierung (Master) hat mir stets gefehlt, einen eigenen Beitrag zur Disziplin BWL zu leisten. Ebenfalls kannte ich noch nicht alle Forschungsmethoden, die ich können wollte. Insofern hat die Promotion mir ermöglicht, meinen Kompetenzpool in Bezug auf Forschungsmethoden sowie Theorien des Marketings zu erweitern.

  2. Ich bin auch eitel und wollte den Titel, getreu dem Motto: „Du Idiot“ kann man einfach sagen „Du Dr. Idiot“ ergibt keinen Sinn.

  3. Nach dem Masterstudium fühlte ich mich noch nicht bereit, in die unternehmerische Praxis zu starten oder die Konzernkarriere anzutreten. Ist die Karriereleiter bereits ansatzweise erstiegen, hat man eine Familie gegründet oder sich einfach an den Gehaltscheck gewöhnt, ist es schwer nochmals an die Uni zurückzugehen. Zumindest hätte ich diesen Schritt nicht machen können.


Der A6 ist zu bequem, 150 Quadratmeter Wohnfläche gerade auskömmlich und was ist bitte mit dem Boot? Insofern wusste ich, ich muss den Dr. direkt im Anschluss an meinen Master machen, sonst bin ich raus aus dem Game. Vom Nebenjobgehalt und Bafög-Satz konnte man im Grundstudium (Bachelor & Master) akzeptabel leben.


Als Doktorand und wissenschaftlicher Mitarbeiter verdiente ich zwischen 50% und 100% TVL E13. Das ist quasi ein positiver Quantensprung unter finanziellen Gesichtspunkten, wenn man direkt nach dem Master startet. Die Job-Beschreibung eines Doktoranden am Lehrstuhl ist auch nicht schlecht: Lehre unterstützen, Studierende coachen und in der eigenen Forschung aufgehen. Aus meiner Erfahrung unterschätzen Praktiker oft den Zugewinn an Erfahrung und vor allem Verantwortung, wenn man an einem Lehrstuhl eine Promotion absolviert. Ich bin sehr froh, diese Erfahrung gemacht zu haben und bereue es zu keinem Zeitpunkt!



An welcher Professur haben Sie zu welchem Thema promoviert? Beschreiben Sie bitte kurz Ihre Tätigkeiten als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur. Was ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?


Ich habe als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Marketing und Handelsmanagement - damals hieß die Professur noch Professur für Handelsbetriebslehre - angefangen und meine Promotion gestartet. Die ersten zwei Jahre hatte ich mich mit der Forschung zu Handelsmarken auseinandergesetzt. Leider musste ich feststellen, dass das Themenfeld stark erforscht war und stets auf Konferenzen mindestens zwei andere Kollegen ähnliche Forschungsergebnisse präsentierten. Insofern habe ich mein Promotionsthema gewechselt und die Wirkung von Flagship Stores in der FMCG-Branche analysiert. Ich glaube auch heute noch an den stationären Handel, insbesondere durch Experiential-Marketing-Ansätze.


Die Arbeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter war für mich klasse. Von Tag 1 an wurde ich in die Aufgabengebiete eines Lehrstuhls integriert. Ich wurde schnell in die Lehrmodule eingearbeitet und musste dann geeignete Übungen konzipieren, Tutorien organisieren, konnte bei Seminaren Studierende coachen und nach knapp einem halben Jahr habe ich erste Abschlussarbeiten unterstützt. Nebenbei besuchte ich ebenfalls Lehrveranstaltungen im Rahmen des Promotionsstudiums und konnte meine methodischen Kompetenzen ausbauen.


Besonders positiv in Erinnerung ist mir die Unterstützung durch die Professoren im Schwerpunkt geblieben. Im Rahmen der Promotion gibt es das sogenannte Doktorandenkolloquium. In diesem Format wird regelmäßig die eigene Forschung vorgestellt und diskutiert. Zwar hagelte es oftmals Kritik an den eigenen Ansätzen, was in der Retroperspektive die Qualität der Arbeit und die eigenen Kompetenzen exponentiell förderte. Im Bachelor- und Masterstudium hatte ich einen eher qualitativen Forschungsfokus verfolgt. In Göttingen habe ich den quantitativen Fokus erlernen können. Dadurch war der Anfang der Promotion für mich sprichwörtlich "ein Sprung ins kalte Wasser", dennoch haben die Professoren und insbesondere mein Doktorvater es geschafft, meinen Ehrgeiz aufrechtzuerhalten und aus mir einen Profi für quantitatives Marketing zu machen.


Zu wissen, neue Fähigkeiten erlernt zu haben, und dass man einen Weg gegangen ist, welchen viele nicht durchhalten, ist ein grandioses Gefühl. Zuletzt ist zu erwähnen, dass oftmals nach der Promotion der Doktorvater sowie die Kommilitoninnen und Kommilitonen aus dem Promotionsstudium Freunde für das restliche Leben darstellen, zumindest ist dies bei mir der Fall.



Wie sah ihr erster Job nach dem Abschluss an der Fakultät aus? War die Promotion Voraussetzung dafür bzw. hat sie beim Einstieg ins Berufsleben geholfen?


Mein Einstieg ins Berufsleben nach der Promotion war sicherlich nicht typisch. An dieser Stelle betone ich gerne nochmals, dass auch die Promotion an einem Lehrstuhl bzw. die Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter bereits einen Einstieg ins Berufsleben darstellen.


Zum einen wollte ich unbedingt nach Hamburg (meine Geburtsstadt und Heimat) zurück. Zwar ist Hamburg im Norden die größte Metropole, jedoch musste ich schnell feststellen, dass die interessanten Jobangebote in der (Handels-) Marktforschung eher im Süden angesiedelt waren. Größere Handelskonzerne in Hamburg teilten nicht meine Gehaltsvorstellungen, da half auch das sofortige Duzen auf Wunsch der Personaler nichts, machte mir also eher deutlich: "Hier bin ich falsch!"


Ich bin dann in der Projektentwicklung von Wohn- und Gewerbeimmobilien gelandet. Die Position, welche ich besetzte, war die des Assistenten der Geschäftsführung. Bei einem sehr bekannten Hamburger Projektentwickler durfte ich die rechte Hand eines Gesellschafters werden. Hier habe ich sehr viel praktisches Unternehmertum erlernt. Mein Chef hat viel Zeit in mich investiert und ich konnte schnell die Praxis der Projektentwicklung erlernen. Zu meinen Kernaufgaben gehörte die Ankaufsprüfung, die Aufstellung der Objektfinanzierung sowie die Durchführung der Vertriebskoordination. Insbesondere die Vertriebskoordination habe ich genossen: Regelmäßiger Austausch mit Maklern und Kunden, Marktanalysen über die Wettbewerbsfähigkeit der Projekte durchführen, Beratung im Verkauf von Kapitalanlagen und im Rahmen der Verkaufsvollmacht die Unterschrift bei Beurkundungen setzen, waren einige der Aufgaben, die ich gerne erledigte.


Um auf die Promotion zurückzukommen: Zum einen hatte mein Promotionsthema mit Projektentwicklung bzw. neuen Konzepten in der Immobilienwirtschaft ansatzweise zu tun. Zum anderen war mein Chef selbst BWLer und kannte den steinigen Weg der Promotion. Das Signal, eine Promotion abgeschlossen zu haben - also sich mit einem Thema gründlich zu beschäftigen und es bestmöglich umzusetzen, das Signal, über einen langen Zeitraum durchzuhalten - diese Aspekte waren der Hintergrund, warum ich den Job als Assistent der Geschäftsführung bekommen habe. Auch meine mittlerweile höhere Gehaltsvorstellung konnte ich in der Branche durchsetzen. Insofern ist die Quintessenz: Eine Promotion kann dafür Sorge tragen, dass man feststellt, wo und wie man seine Ziele erreicht!


Für mich war die Praxis großartig, insbesondere durch meinen Chef. Dennoch fehlten mir die wissenschaftliche Herausforderung und der Vorteil, über Themen vielfältig nachzudenken. Die unternehmerische Praxis übersieht aus meiner Sicht gerne, dass Themen vielfältig betrachtet werden können. Maximale Effizienz ist aus meiner Sicht nicht immer der beste Weg. Auch musste ich feststellen, dass viele Methoden, die ich im Rahmen der Promotion erlernte, in der Praxis kaum verstanden oder angewandt werden – zumindest nicht in meinem Tätigkeitsfeld.


Da ich also die Wissenschaft und das Leben an einer Hochschule vermisste, habe ich mich auf die Wege zurück fokussiert, sofern mir mein Job dies ermöglichte. Eine Habilitation - so gerne ich diese im Nachhinein angetreten hätte - war nicht möglich. Mittlerweile bestand mein Haushalt aus drei Personen plus Hund und allen anderen Annehmlichkeiten. Also entschied ich mich, an Ausschreibungen für Professuren an Fachhochschulen teilzunehmen.


Im hohen Norden habe ich es geschafft. Mein Chef war natürlich nicht begeistert, aber er konnte nachvollziehen, dass diese Chance von mir genutzt werden muss. Quintessenz: Meine jetzige Tätigkeit, welche ich wirklich als meine Berufung titulieren möchte, könnte ich ohne Promotion nicht ausführen. Ohne Dr. kann man zwar seine Rolex bei Youtube oder Instagram vor die Kamera halten, in teuren Autos sitzen und Ahnungslosen Marketing verkaufen, jedoch fundierte Wissensvermittlung und junge Studierende über eine BWL-Disziplin zu begeistern, Potentiale wecken - das geht nur mit erfolgreicher Promotion.



Wie haben Sie Studium und Promotion auf die Praxis vorbereitet?


Studium und Promotion, insbesondere in den Teildisziplinen Marketing und Handel, haben mir gezeigt, komplexe Probleme zu strukturieren und lösungsorientiert zu bearbeiten. In der Praxis werden Theorien und Konzepte meist nie 1:1 aus dem Studium angewandt. Es handelt sich stets um Adaptionen. So ist zumindest meine Erfahrung. Insofern sind das schnelle Erlernen und Aufgreifen von Fähigkeiten, wissensbegierig zu bleiben sowie sich in Themen hineinzudenken die wichtigsten Fähigkeiten in meinem Fall, welche ich aus Studium und Promotion erlernt habe.



Welche Empfehlung geben Sie heutigen Studierenden für die persönliche Karriereplanung?


Wenn es die Möglichkeit gibt, nach dem Master direkt eine Promotion anzustreben, dann sollte die Chance genutzt werden! Eine Promotion ist kein Garant für zukünftigen Erfolg. Eine Promotion ermöglicht jedoch mehr Optionen und Chancen im Leben.


Ohne die Promotion würde ich heute meiner wahren Berufung nicht nachgehen können. Diese habe ich erst in der Retroperspektive identifizieren können - dank des Promotionsstudiums am Lehrstuhl für Handelsbetriebslehre.



"Ich fühle mich der Fakultät auch noch als Alumnus verbunden, weil…



  • 1. Ich an der Universität meine Frau kennengelernt habe. Normalerweise habe ich mir nie die Aushänge am schwarzen Brett angesehen, bis auf diesen einen Tag, als ein Aufruf zur Teilnahme an einem Experiment einer anderen Fakultät dort hing.

  • 2. Ich ein gutes Verhältnis zu meinem Doktorvater pflege und der Marketing-Schwerpunkt in Göttingen immer Bestandteil meines Lebens sein wird.

  • 3. Meine Tochter hoffentlich eines Tages in Göttingen promovieren wird (sofern ein Studium im Rahmen der Lebensplanung meiner Tochter erstrebenswert ist).

  • 4. Ich meinen Freundeskreis erweitert habe.

  • 5. Ich Knotentanz auf Unipartys erlernt habe.

  • 6. Ich der Fakultät bzw. dem Marketing-Schwerpunkt viel zu verdanken habe.

  • 7. Ich stolz darauf bin, die Promotion an der Georg-August-Universität geschafft zu haben.

  • ...1001. Die Uni und insbesondere alle im Oeconomicum einfach mega sind!"