Ende März 2022 haben sich Rat und Parlament im Trilog auf eine finale Fassung des weltweit beachteten Digital Markets Act (DMA) geeinigt (Kommission, IP/22/1978). In zwei bis drei Wochen soll ein vorläufiger Text des finalen DMA vorliegen.Das diesjährige DACH-Kartellrechtsforum am 29.04.2022 in Göttingen (hybrid) wird als voraussichtlich erste größere Konferenz im deutschsprachigen Raum die Gelegenheit bieten, die endgültige Fassung des DMA mit namhaften Referenten/innen aus Deutschland, Österreich, der Schweiz sowie den USA aus Sicht von Rechts- und Wirtschaftswissenschaft ebenso wie aus Sicht der Kartellbehörden und der anwaltlichen Praxis auszuleuchten und zu diskutieren.

Der DMA als europäisches Gesetz zur Einhegung der Machtposition großer Plattformdienste ist auch Ausdruck des Umstands, dass Märkte und Wettbewerbsdynamiken immer weniger an nationalen Grenzen Halt machen. Vor diesem Hintergrund muss – ein Leitgedanke des D-A-CH-Kartellrechtsforums – auch das Kartellrecht nach einem grenzüberschreitend kohärenten Regelungsrahmen streben. Das gilt für den europäischen Binnenmarkt allgemein und gerade in den besonders eng verschränkten Volkswirtschaften der Schweiz, Österreichs und Deutschlands. Das D-A-CH-Kartellrechtsforum bietet eine Plattform für den regelmäßigen, fundierten Diskurs von Kartellrechtswissenschaft und -praxis dieser Länder unter Einbeziehung weiterer Rechtsordnungen.

Der Digital Markets Act ist in eine umfassendes Regelungspaket eingebettet. Er bildet zum einen als Schwester des Digital Services Act einen wesentlichen Teil der angestrebten europäischen Regulierung großer digitaler Diensteanbieter. Zum anderen ist der DMA ein wichtiger Baustein im europäischen Mehrebenensystem des Wettbewerbsschutzes, in dem nationales und unionales Kartellrecht sowie nun außerdem speziell auf Gatekeeper zugeschnittene nationale (in Deutschland: § 19a GWB) und unionsrechtliche Vorgaben zusammenwirken. All dies muss – soweit nötig durch Abstimmung im Einzelfall – letztlich ein möglichst kohärentes Ganzes ergeben. Vor diesem Hintergrund sind die nun beschlossenen grundlegenden rechtspolitischen Weichenstellungen auch im Lichte weiterer aktueller Entwicklungen zu würdigen, namentlich den laufenden Kartellverfahren gegen große Internetkonzerne namentlich in Deutschland, aber auch den USA, wo zudem diverse, teils weitgehende legislative Vorschläge entwickelt worden sind, die eine lebhafte wissenschaftliche Debatte widerspiegeln.

Das hybride D-A-CH-Kartellrechtsforum am 29.04.2022 (9:00 bis ca. 17:20) wird alldem mit namhaften Referenten/innen nachgehen (https://dach-kartellrechtsforum.org/).

In einem ersten Panel werden Prof. Dr. Rupprecht Podszun (Universität Düsseldorf) sowie Prof. Dr. Gerald Spindler (Universität Göttingen) die neuen Regeln für große Internetunternehmen in Europa gesamthaft vorstellen und würdigen – bezogen auf Wettbewerbsschutz und Plattformregulierung im Mehrebenensystem ebenso wie die das „große Ganze“ aus DMA, DAS und weiteren Elementen wie der KI-Strategie.

Im zweiten Themenblock wird Prof. Dr. Paul Heidhues (Universität Düsseldorf) die Ziele des DMA aus ökonomischer Sicht einordnen und diskutieren – eine in Zeiten des more economic approach unverzichtbare Perspektive für die dogmatische Einordnung des DMA, sein Verhältnis zum Kartellrecht und seine rechtspolitische Bewertung.

Der dritte Themenblock erweitert das rechtsvergleichende Panorama zunächst um die Entwicklungen in den Vereinigten Staaten von Amerika. Als Referentin konnte Prof. Dr. Fiona Scott-Morton (Yale School of Management) gewonnen werden. Während die USA im Kartellrecht herkömmlich als Schrittmacher für Europa fungieren, ist die Einflussrichtung in Bezug auf den Wettbewerbsschutz in der Digitalwirtschaft mit Blick auf Praktiken großer Plattformen und Ökosysteme in den letzten Jahren eher umgekehrt verlaufen. Die laufenden US-Kartellverfahren gegen große Digitalunternehmen sowie die diskutierten Legislativvorschläge haben mit ihren teils radikalen Ansätzen aber womöglich das Potential, die „rechtspolitische Hoheit“ wieder über den Atlantik zurückzuverlagern. In jedem Fall können die USA als Heimatmarkt der weltweit bedeutsamsten Internetkonzerne bei einer Würdigung des DMA nicht außer Betracht bleiben.

Der vierte Themenblock beleuchtet das Zusammenspiel von Kartellrechtsdurchsetzung und speziellen Regeln für große digitale Plattformen aus dem Maschinenraum der kartellbehördlichen Arbeit. Es referieren hier:

  • aus der Europäischen Kommission Thomas Kramler, Head of Unit, Europäische Kommission, der informell als einer der Väter des DMA gilt,
  • für Deutschland Dr. Sebstian Wismer, Referatsleiter Digitale Wirtschaft im Bundeskartellamt, der im Amt federführend den DMA begleitet,
  • für Österreich Mag. Alexandra Ivanova, Case Handler der Bundeswettbewerbsbehörde, und
  • für die Schweiz Prof. Dr. Andreas Heinemann, Präsident der Wettbewerbskommission, Universität Zürich, der (u.a.) die Sicht einer wirtschaftlich eng verbundenen, aber nicht selbst regulatorisch vergleichbar aktiven Jurisdiktion repräsentieren kann.

 

Der fünfte Themenblock gibt Stimmen aus der Unternehmens- bzw. Verbandsperspektive Raum geben und soll so dazu beitragen, die Auswirkungen des DMA auf digitale Geschäftsmodelle einzuschätzen. Hier wird unter anderem Prof. Dr. Thomas Höppner (Hausfeld Rechtsanwälte LLP) die Sicht der Medien- & Werbewirtschaft darlegen, als Repräsentant für den ZAW e.V., Vaunet, BDZV, VDZ, agof und andere.

Abgerundet wird die Veranstaltung durch ein Panel zur Beurteilung des DMA aus anwaltlicher Sicht. Hier besteht unter anderem Gelegenheit, Aspekte und Einzelfragen der Operationalisierung, der Durchsetzung und des Verfahrens weiter zu vertiefen sowie die anstehenden Herausforderungen für die Praxis zu konkretisieren Es sprechen

  • aus Österreich Dr. Anna Wolf Posch, LL.M. (Columbia), Cerha Hempel, Wien,
  • aus Deutschland Dr. Alexander Birnstiel, LL.M. (College of Europe), Noerr, München, sowie
  • aus der Schweiz Dr. Monique Sturny, LL.M. (LSE), Walder Wyss, Zürich.

 

Die Veranstaltung wird geplant, organisiert und moderiert von Prof. Dr. Eckart Bueren (Universität Göttingen), Prof. Dr. Peter Picht, LL.M. (Yale) (Universität Zürich) sowie Dr. Anna Wolf-Posch.

Eine Teilnahme ist unentgeltlich und steht allen Interessierten aus Wissenschaft und Praxis offen. Nähere Informationen zum Ablauf und zur Teilnahme finden Sie unter https://dach-kartellrechtsforum.org/.

 

Über Ihr Interesse freuen wir uns! Geben Sie diese Information gerne auch an interessierte Kollegen/innen, Mitarbeiter/innen, Doktoranden/innen, Studierende und Praktiker/innen etc. weiter. Soweit Sie ein Hotel in Göttingen benötigen, unterstützt Sie das Lehrstuhlteam gerne (lehrstuhl.bueren@jura.uni-goettingen.de).