Termin: Samstag, 23. April 2022, 10 – 17 Uhr
Ort: Stiftung Adam von Trott, Im Trottenpark 1, 36179 Bebra-Imshausen
Autoritäre Systeme wie in China oder Russland fordern die westlichen Demokratien im 21. Jahrhundert heraus. Werte wie Pluralismus und Meinungsfreiheit werden dort systematisch unterdrückt. Dabei liegt es gerade einmal drei Jahrzehnte zurück, dass auch in unseren Nachbarstaaten Ostmitteleuropas Diktaturen existierten, die Oppositionelle und Andersdenke verfolgten und einsperren ließen. Der mutige Protest und die Forderungen nach Demokratie und Freiheit führten zum Fall dieser Systeme. An der historischen Transformation der sozialistischen Staaten zu westlichen Demokratien im Jahr 1989/ 90 hatte der langwierige Druck von unten einen wesentlichen Anteil. Hier soll nur an die prominentesten Vorgänge erinnert werden: an den Volksaufstand in der DDR 1953, den Volksaufstand in Ungarn 1956, den „Prager Frühling“ 1968. die „Charta 77“ in der CSSR und schließlich die Solidarnosc-Bewegung 1980 sowie die Verhängung des Kriegsrechts 1980/81 in Polen. Letztendlich haben diese Revolten und Reformversuche den Monolithisch erscheinenden sowjetischen Machtbereich nachhaltig erschüttert. Die Liste der Akteure der Emanzipationsbewegung von unten ist lang, und ihre Motivationen und geistigen Verwurzelungen waren vielfältig, nicht selten sogar gegensätzlich. Diejenigen, die angesichts von drohenden staatlichen Repressionen versuchten, in der „Wahrheit zu leben“, waren beispielsweise Christen, die den staatlich aufgezwungenen Atheismus aus religiösen Gründen ablehnten, abtrünnige Marxisten, die den Stalinismus überwinden wollten oder auch vom „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ träumten, Liberale, die von vornherein ein westliches Demokratiemodell anstrebten. Und in der DDR gab es in den Jahren 1989/ 90 diejenigen unter den Oppositionellen, die eine Demokratisierung der DDR unter Beibehaltung ihrer staatlichen Souveränität befürworteten und diejenigen, die die Überwindung der deutschen Zweistaatlichkeit und damit die Deutsche Einheit anstrebten. György Dalos, Ulrike Poppe, Jan Sicha und. Dr. Kazimierz Woycickí waren bemerkenswerte geistige und politische Inspiratoren der ostmitteleuropäischen Dissidentenbewegung. Als solche werden sie mit unterschiedlichen thematischen Akzenten die Frage diskutieren, ob und inwiefern Opposition und Widerstand in den sozialistischen Diktaturen ein lohnenswertes Unterfangen waren.
Referent:innen:
- György Dalos (Schriftsteller, Übersetzer, Historiker, Mitbegründer der ungarischen Opposition in den 1970er Jahren; Berlin, Budapest)
- Ulrike Poppe (langjähriges Engagement in der DDR-Opposition, u.a. Mitbegründerin von "Frieden und Menschenrechte" als oppositionelle Plattform (1985); Deligierte von "Demokratie Jetzt" am "Zentralen Runden Tisch" (Berlin 1989/90); zuletzt Brandenburgische Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der kommunistischen Diktatur; Berlin)
- Jan Sicha (Historiker, Publizist, ehem. Botschaftsrar, ehem. oppositioneller Prager Studentenführer 1989; Prag)
- Dr. Kazimierz Woycicki (Journalist, Philosoph, Historiker, Hochschullehrer, Publizist; im Rahmen der Solidarnosc-Bewegung engagiert und 1981/82 inhaftiert; Warschau)
Seminarleitung:
- Wolfram Tschiche (Theologe, Philosoph, Publizist, seit 1968 in der DDR-Opposition engagiert)
Teilnahme
Für Studierende der Universität Göttingen ist die Teilnahme an dem Tagesseminar (inkl. Verpflelgung) kostenfrei. Bitte melden Sie sich bis zum zum 5. April per E-Mail unter kontakt@stiftung-adam-von-trott.de oder telefonisch (06622 430419) für das Seminar an.