Online-Symposium zur Novelle des Niedersächsischen Hochschulgesetzes (NHG) am 12. Juni 2020
Am 12. Juni 2020 fand ein Online-Symposium zur Novellierung des Niedersächsischen Hochschulgesetzes (NHG) in einem virtuellen Sitzungssaal der Juristischen Fakultät der Universität Göttingen statt. Zu dem juristischen Fachgespräch, das Prof. Dr. Hans Michael Heinig und Prof. Dr. Frank Schorkopf veranstalteten, trafen sich Vertreter niedersächsischer Fakultäten sowie aus Universitätspräsidien und -verwaltungen. Auch der Minister für Wissenschaft und Kultur, Björn Thümler, nahm an dem Gespräch teil.
Den Anlass und die Diskussionsgrundlage für das Gespräch war der Referentenentwurf des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur mit seinem Leitmotiv differenzierter Hochschulautonomie. Neben der rechtswissenschaftlichen Bewertung der vorgesehenen Änderungen waren die Einordnung der Novelle selbst in die breitere Entwicklung des Hochschulrechts in Deutschland und weitere möglicherweise erforderliche Reformschritte zentrale Aspekte des Symposiums.
In einem einführenden Impulsreferat gab Prof. Dr. Andreas L. Paulus, Institut für Völkerrecht und Europarecht der Universität Göttingen, einen Überblick zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Hochschulrecht und den Grundrechten aus Art. 5 Abs. 3 GG und Art. 12 Abs. 1 GG. Er betonte, dass die Strukturierung der vielfältigen Rechte und Pflichten zwischen Studierenden, Lehrenden und die Organisation der Selbstverwaltungskörperschaften Aufgaben des Gesetzgebers sind.
Das zweite Referat hielt Prof. Dr. Volker Epping, Präsident der Leibniz Universität Hannover, zu den Governancestrukturen nach dem NHG und griff eine Reihe von aktuellen Problemen des Hochschulrechts auf. Hierzu ging er u.a. auf Probleme der unionsrechtlich mitbestimmten Umsatzsteuerpflicht der Hochschulen und die derzeitige und im Entwurf vorgesehene Gestaltung der Studiengangszielvereinbarungen mit Blick auf die Hochschulautonomie ein. Zudem betonte er die Notwendigkeit für die Hochschulen, rasch sogenannte „Leuchtturmberufungen“ vornehmen zu können, ohne beteiligte Organe hiervon auszuschließen und unterstrich die Erforderlichkeit, den Hochschulen wie im Entwurf vorgesehen größere Autonomie über die Zusammensetzung des Präsidiums einzuräumen. Er begrüßte die geplante Klarstellung, insbesondere mit Blick auf naturwissenschaftlich ausgerichtete Studiengänge, Veranstaltungen in englischer Sprache anbieten zu können.
Das dritte Impulsreferat hielt Prof. Dr. Bernd J. Hartmann, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Kommunalrecht und Verwaltungswissenschaften der Universität Osnabrück, zum Thema „Statusgruppen und Lehre“. Er setzte sich vor dem Hintergrund des Prinzips der Bestenauslese aus Art. 33 Abs. 2 GG kritisch mit dem Tenure Track-Verfahren sowie der Erweiterung seines Anwendungsbereichs auseinander und sprach sich aus hochschulrechtlichen Gründen gegen die Änderung des Titelführungsrechts mit Blick auf außerplanmäßige Professoren und Honorarprofessoren aus. Dem schlossen sich Ausführungen zu Problemen der vorgesehenen Kooperationsklausel mit Fachhochschulen und anderen externen Stellen sowie Bemerkungen zum Akkreditierungswesen an.
Neben einer Vertiefung der in den Impulsen aufgeworfenen Aspekte, auch mit Blick auf ihren Einfluss auf die Selbstverwaltungstätigkeit und Wahl der Hochschulorgane, wurde sodann die Notwendigkeit der geplanten Interimsregelung bei Vakanz der Präsidentschaft mit Blick auf die bereits bestehenden Stellvertreterregelungen kritisch diskutiert. Einigkeit bestand, dass die Hochschulen sich der kurzfristig flächendeckend zu organisierenden digitalen Lehre experimentierfreudig und mit Erfolg gestellt haben, sich hierdurch aber auch neue Aspekte und Probleme, so in der Kommunikation und Sichtbarkeit zwischen Lehrenden und Studierenden ergeben haben, die weitere hochschulrechtliche Fragen aufwerfen.
Dr. Ferdinand Weber