Luthers Fürstinnen
Der norddeutsche Adel war für Einführung und Durchsetzung der Reformation auf dem Land von herausragender Bedeutung. In besonderer Weise entwickelten und nutzten die Fürsten hierfür politische Netzwerke, die auf umfangreicher Briefkorrespondenz fußten. Kaum beachtet sind in diesem Zusammenhang bisher die adligen Frauen, obwohl davon auszugehen ist, dass lutherische Fürstinnen in ähnlicher Weise dynastisch, politisch und konfessionell gebundene Korrespondenznetzwerke untereinander unterhielten, deren politische und diskursive Bedeutung bislang völlig unklar ist. Ausgehend von Dorothea von Dänemark und Sophia von Schleswig-Holstein-Gottorf, die umfangreiche Briefwechsel mit Fürstinnen des norddeutschen Raums, sowie aus Dänemark, Polen oder Sachsen pflegten, wird ein Netzwerk von ca. 60 Frauen angenommen. Um Aufgreifen lutherischer Glaubensinhalte, Agieren und Verhalten von Fürstinnen des späten 16. und frühen 17. Jahrhundert nachvollziehen zu können, werden die zahlreichen, aber nicht systematisch geführten Briefbestände der Fürstinnen sowie Akten ihrer Verwaltungen in den Archiven Norddeutschlands und Dänemarks ermittelt und in einer Datenbank zusammengetragen. Das Projekt zielt damit nicht nur auf die Erschließung eines Quellenkorpus ab, sondern sucht durch den Brückenschlag zwischen der traditionellen Methodik der Mediävistik resp. der Frühen Neuzeit und den Digital Humanities offene Fragen zu beantworten und neue wissenschaftliche Fragestellung voranzutreiben.