Kunstwerk des Monats im Februar 2019
03. Februar 2019
Im Geiste vereint: Die Göttinger Professorengalerie
Vorgestellt von: Sonja Nökel, Schwerpunkt Kuratorische Studien
Professorengalerien als Ausdruck der universitären Repräsentationspraxis sind bereits seit dem 16. Jahrhundert nachzuweisen und anhand der Tübinger Professorenreihe eindrucksvoll belegbar. Deutlich später entstand anlässlich des Besuches des Königs und Gründers der Georgia Augusta, Georg II., die Göttinger Professorengalerie. Sie wurde 1747 auf Geheiß des Universalgelehrten Albrecht von Haller angefertigt, der ähnliche Galerien aus Tübingen und Leiden kannte. Bis 1790 wurde sie von unterschiedlichen Künstlern fortgeführt, unter ihnen waren Franz Reibenstein (1713- um 1762), Wilhelm Dietz (Lebensdaten unbekannt) und Carl Anton Lafontaine (1755-1831). Die Portraits der Göttinger Professoren bildeten durch ihre ursprünglich dichte Hängung, die ähnliche Ausführung der Dargestellten sowie die Gleichförmigkeit der Rahmen eine Einheit, die die geistige Verbundenheit der Portraitierten visualisierte. Die Professorengalerie gab der Universität damit eine wissenschaftliche Autorität und verdeutlichte den Zusammenhalt der einzelnen Fakultäten mit ihren jeweiligen Gelehrten.
Gleichzeitig zeigen die Portraits einzeln betrachtet individuelle Merkmale auf, wie zum Beispiel bei dem Bildnis von Jakob Wilhelm Feuerlein (1689-1766). Bei näherer Betrachtung sind Falten an der Stirn, eine charakteristische Nase, eine Warze unterhalb des Auges sowie stark ausformulierte Tränensäcke ersichtlich. Damit weisen die Portraits der Galerie zwar individuelle Züge auf, jedoch sind sie primär als Teil einer Gesamtheit wahrzunehmen. Der individuelle Wissenschaftler tritt zurück, um die Gemeinschaft in den Vordergrund zu stellen.
Dem ursprünglichen Ausstellungsort in der Konzilienstube kam dabei eine wichtige Rolle zu, da sie ausschließlich Universitätsmitgliedern und hochrangigem Besuch zugänglich gewesen ist. Diese nach innen gerichtete Selbstdarstellung der Universität fungierte damit nicht nur als Ehrung der Gelehrten und Aufwertung der Universität, sondern auch als Vorbild und Ansporn für angehende Wissenschaftler. Ein Bezug zu adeligen Portraitreihen ist dabei nicht von der Hand zu weisen, auch wenn hier die Legitimation der Dargestellten über das Geburtsrecht erlangt wird und weniger über die Gemeinschaft im Geiste, der die Gelehrten allesamt in ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit vereint.
Die lückenhafte Hängung der Ölgemälde in der „Face The Fact“-Ausstellung verweist auf die unterschiedliche Wertschätzung einer solchen Repräsentationspraxis im Laufe der Universitätsgeschichte. Von den vermutlich 40 Professorenportraits, die der Reihe zugeordnet werden können, haben sich lediglich die 15 ausgestellten Portraits erhalten. Besonders nach 1800 wurden die Portraits innerhalb der Universitätsgebäude verstreut, verstaut und in die sogenannte „Polterkammer“ gebracht: Das Portrait in Öl wurde immer mehr von Portraitbüsten abgelöst.