Kunstwerk des Monats im Februar 2018
04. Februar 2018
Ein Opfer weiblicher Natur? Das Priapus-Opfer nach Lambert Lombard
Vorgestellt von: Alexandra Pietroch, M.A.
In der druckgraphischen Sammlung der Universität Göttingen hat sich ein Kupferstich erhalten, der mit einer derart lasziven und zugleich ironisierenden Bildsprache, wie kaum ein anderes Exponat in der aktuellen Ausstellung „Mutter Erde“, den Betrachter zum Nachdenken über die vergangenen wie heutigen Geschlechterverhältnisse anregt.
Das „Priapus-Opfer“ wird dem Antwerpener Künstler Cornelis Bos zugeschrieben und ist wahrscheinlich nach einem Entwurf des niederländischen Malers Lambert Lombard entstanden. Auf ironisch-anstößige Weise schildert es ein naturmagisches Ritual, in welchem mehrere Frauen aller Altersklassen das Bildnis des mythologischen Fruchtbarkeitsgottes Priapus bedrängen. Die ansonsten für Triebhaftigkeit und Vergewaltigungen bekannte Mythenfigur, welche häufig mit einem überproportionalen, erigierten Phallus dargestellt wird, gerät hierin als starre, offensichtlich „wehrlose“ Statue in die Opferrolle.
Der Vortrag lädt dazu ein, dem Entstehungskontext des Werkes zu folgen, innerhalb welchem das Göttinger Blatt als künstlerisches Produkt zeitgenössischer Vorstellungen von Weibermacht und Naturmagie vorgestellt wird.
Hierzu wird unter anderem der im frühneuzeitlichen Roman „Hypnerotomachia Poliphili“ liegende Ursprung der Bildfindung betrachtet sowie Formen der Rezeption des hierin dargestellten Priapus-Opfers aus dem italienischen und niederländischen Raum. Unterdessen zeugt die Auswahl der Inschriften im Kupferstich vom neu aufkeimenden Interesse für die Figur des Priapus in der Frühen Neuzeit: Zuvor im Christentum verschmäht und herabgesetzt, erhält dieser in der Renaissance von humanistischen Gelehrten, darunter auch Boccaccio, erneute Aufmerksamkeit. Zeugnis hiervon gibt mitunter die vielfach kommentierte, erotische Gedichtesammlung „Carmina Priapea“, welche in den Inschriften zitiert wird.
Um die letztlich sich hieraus aufwerfenden Fragen, zum Beispiel zur „Natur“ der Frau, weiter zu erörtern, wird im Anschluss herzlich zu einer Diskussionsrunde eingeladen.