Kunstwerk des Monats im Juni 2013

02. Juni 2013
"Die Ermordung des Heiligen Thomas von Canterbury" von Niccolo Circignani, genannt Il Pomarancio
Vorgestellt von: Dr. Anne-Kathrin Sors

In den 1580er Jahren haben die Jesuiten in Rom innerhalb kürzester Zeit von Niccoló Circignani, gen. Pomarancio, drei Jesuitenkonvente mit Fresken ausschmücken lassen: S. Tommaso di Canterbury, S. Stefano Rotondo und S. Apollinare. Alle drei Märtyrerserien sind unmittelbar nach ihrer Fertigstellung von Battista De Cavalleri in Kupfer gestochen und als Bücher in Rom veröffentlicht worden. 1584 erschien die Publikation Ecclesiae anglicanae trophaea nach Fresken in der Kirche S. Tommaso di Canterbury. Für eines dieser Fresken ist die Göttinger Zeichnung als Vorentwurf entstanden und dem ausführenden Künstler Niccolo Circignani, gen. Il Pomarancio, zuzuschreiben.
Auf dem querformatigen Blatt werden drei Episoden aus dem Leben des Heiligen Thomas von Canterbury erzählt, die durch architektonische Elemente räumlich voneinander getrennt sind: Im Hintergrund links erscheint Thomas vor König Heinrich II., wird zu Unrecht verurteilt und tritt die Flucht an. Im Hintergrund rechts kniet er vor dem Papst und bringt seine Angelegenheit vor. Im Vordergrund wird der Betrachter Zeuge der Ermordung durch die vom König beauftragten Ritter: Thomas wird vor dem Altar kniend enthauptet.

Auffallend sind drei Abweichungen der Zeichnung zu Fresko und Druck: Erstens ist die Zeichnung querformatig, die Fresken und der Druck sind hochformatig. Zweitens sind in den gemalten Fresken als auch in den Buchpublikationen die Szenen mit Buchstaben versehen, die unter der Darstellung als beschreibende Legende wieder auftauchen. In der Vorzeichnung scheint diese Bildbeschreibung für den Künstler noch nicht interessant gewesen zu sein. Drittens verändert der Künstler die Mönchsfigur am linken Bildrand: in der Zeichnung kniet er auf der Treppe und blickt erschrocken auf das Geschehen vor ihm, im Druck ist er agierend in das Geschehen eingebunden.