Melchior Hoffman: Sämtliche Schriften
Melchior Hoffman erscheint als der unintegrierbare Apokalyptiker der Reformation schlechthin – und stand doch am Anfang eines der breitesten und überlebenstüchtigsten Stränge täuferischer Sukzession. Der sein Leben lang religiös engagierte Kürschner (geb. um 1495 in Schwäbisch Hall) hat große Teile des deutschsprachigen Raums zwischen Franken, dem Baltikum, Stockholm, Kiel, Friesland, den Niederlanden und Straßburg erkundet, ihm begegneten aber, wo immer er als Laienprediger wirkte oder nur auftauchte, Vorbehalte, Ablehnung und Verfolgung. Die letzten zehn Jahre seines Lebens bis zu seinem Tod wohl Ende 1543 saß er in Straßburg in Kerkerhaft. Ähnlich wie die Länder hat Melchior Hoffman reformatorische Lehren und Bekenntnisse durchmessen und größtenteils verworfen. Er war nicht nur ein in aufgeheizten Stimmungslagen eigensinniger Prediger von sich selbst radikalisierender, spiritualistischer und apokalyptischer Frömmigkeit, sondern agierte auch als Publizist mit auffallendem Eifer: So besaß und betrieb er eine eigene Druckerei in Kiel, fand in Straßburg schnell Anschluss an die Drucker dissidenter und täuferischer Kreise und schickte über Mittelsmänner noch aus dem Gefängnis Manuskripte an kölnische und niederländische Produzenten. Mit einem Missionsaufenthalt in Ostfriesland begann Melchior Hoffman seine eigene und im ›Täuferreich‹ von Münster sowie im mennonitischen Täufertum folgenreiche Sukzession der Bekenntnistaufe.
Ziel des Projekts ist die vollständige editorische Erschließung dieses umfangreichen (ca. 1600 Frühdruckseiten), dialektal mehrsprachigen und idiosynkratischen Werks, das teilhatte an zentralen Diskursen der ›radikalen Reformation‹ (Antiklerikalismus, Apokalyptik, Bibelhermeneutik, Christologie, Willensfreiheit, Abendmahlslehre, Gewaltfrage). Die Hybridedition umfasst in einer Webdarstellung einen TEI-XML-codierten edierten Text synoptisch mit Bilddigitalisaten der Frühdrucküberlieferung, einen textkritischen und einen kommentierenden Apparat sowie eine Buchausgabe der Texte.