Vortrag von Dr. Siglinde Dietz

Die Zwischenexistenz und Vorstellungen zu Tod und Wiedergeburt im sog. alttürkischen Totenbuch


Nach einem kurzen Überblick über die Traditionen des tibetischen und alttürkischen Totenbuchs werde ich mich mit den Vorstellungen von der Wirkung des Karmas, d.h. der Taten des vergangenen Lebens, auf das zukünftige Leben beschäftigen. Nach buddhistischer Anschauung ist die Person eine Zusammensetzung aus den fünf Konstituenten oder Daseinsgruppen Körperlichkeit, Gefühl, Wahrnehmung, Geistesformationen und Bewusstsein. Diese Konstituenten sind vergänglich, leer, nichtig und wesenlos. Daraus ergibt sich die Frage, auf welche Weise das Karma der Lebewesen auf die Wiedergeburt Einfluss nimmt. Im Abhidharmakosha „Schatzkammer der Dogmatik“ des Vasubandhu (ca. 400-480) werden die verschiedenen Stadien der Zwischenexistenz zwischen Tod und Wiedergeburt ausführlich behandelt. Auch im sog. tibetischen und alttürkischen Totenbuch wird diese Zwischenexistenz definiert. Der Schwerpunkt liegt dabei allerdings darauf, wie der Sterbende oder Tote eine Wiedergeburt vermeiden und das erlösende Nirvana erreichen kann. Das sog. Totenbuch lehrt also einen Weg zur Erlösung aus dem Geburtenkreislauf.


Mittwoch, 22. Juni 2011, 18:00 Uhr,
Seminar für Turkologie und Zentralasienkunde,
Waldweg 26, 7. Stock, Raum N716