Prof. Dr. Radhika Singha

Fellow von April bis Juli 2011
Ph.D., Professorin für moderne indische Geschichte an der Jawaharlal Nehru University, New Delhi, Indien

Geboren 1956 in Lucknow, Indien
Studium der Geschichte in Cambridge

Forschungsvorhaben:
Kulis, Knechte und indische Soldaten: Indische Arbeiterschaft und die Geographien des Ersten Weltkrieges

Ich beabsichtige, die Mobilisierung der nicht direkt am Kampf beteiligten indischen Arbeiterschaft für den Ersten Weltkrieg zu untersuchen. Dabei will ich die Beziehung zwischen dem Krieg und dem Arbeitsmarkt verfolgen, um eine komplexere Geographie dieses Ereignisses aufzuzeigen. Dies mag uns helfen zu verstehen, warum der „Europäische“ Krieg in einigen Teilen Indiens sehr intensiv erfahren wurde, obwohl oft gesagt wird, dass Indien als Kolonie vor den Schrecken des Krieges bewahrt worden sei.
Die militärischen Anlagen an den Landesgrenzen Indiens boten ein breites Spektrum von möglichen Arbeitskräften, die die indische Armee für den Weltkrieg abziehen konnte. Auf diese Weise entstanden komplizierte Beziehungen zwischen den „kleinen“ Grenzkriegen der Kolonie einerseits und den überseeischen Kriegsschauplätzen andererseits – folgenschwer an beiden Enden.
Das Kriegsministerium beschritt dabei die Wege, die bereits die Kuli-Anwerber in Indien geebnet hatten; von diesen Wegen führten viele zu den sogenannten „primitiven“ Gemeinschaften, von denen es hieß, dass sie „eine besonders nützliche Art von Kulis“ hervorbrachten. Anwerbungen fanden auch in Gefängnissen, Besserungsanstalten für Jugendliche und Siedlungen, die für „kriminelle Sippen“ eingerichtet worden waren, statt. Christliche Netzwerke spielten eine bedeutende Rolle in einigen Bereichen der Anwerbung nicht am Kampf beteiligter Arbeitskräfte.
Die indische Regierung ist oft für die Langsamkeit kritisiert worden, mit der sie Arbeitskräfte für militärische Zwecke zur Verfügung stellte. Teilweise wollte sie den Arbeitskräftemarkt an der Bengalischen Bucht, über die Reis, Öl, Tee, Kautschuk und Korund von Ceylon, Burma und Malaysia zu den überseeischen Kriegsschauplätzen geleitet wurde, nicht stören. Innerhalb Indiens mussten die Bereiche der Anwerbung von Arbeitskräften aufgeteilt werden, um kostengünstige Angebote überprüfen zu können.
Die Bezahlung und der Status der nicht an Kriegshandlungen Beteiligten verbesserten sich durch die wachsende Bedeutung der militärischen „Zulieferdienste“ und durch die Notwendigkeit einer Rationalisierung der menschlichen Arbeitskräfte. Wie wirkten sich diese Veränderungen auf die kämpfende Truppe aus? Schließlich möchte ich untersuchen, wie die Rekrutierten ihrerseits Nutzen aus ihrem Kriegsdienst zogen. Es gab eine entscheidende Überschneidung zwischen der Mobilisierung von Arbeitskräften und den Ressourcen für den Weltkrieg einerseits und der Formierung einer neuen politischen Wählerschaft in Indien – nämlich „Arbeiterschaft“, „unterdrückte Klassen“ und Sippengemeinschaften in „rückständigen Gebieten“ – andererseits.


Ausgewählte Publikationen

Singha, R. 2010. “Front lines and status lines: sepoy and ‘menial’ in the Great War, 1916-1920” in H. Liebau, K. Bromber, K. Lange, D. Hamzah and R. Ahuja (eds.): The World in Wars, Experiences, Perceptions and Perspectives from the South. Leiden: Brill, Studies in Global Social History, 5.

Singha, R. 2008. “Passport, ticket, and india -rubber stamp: ‘the problem of the pauper pilgrim’ in colonial India ca. 1882-1925” in H. Fischer-Tiné and A. Tambe (eds.): The Limits of British Colonial Control in South Asia, Spaces of Disorder in the Indian Ocean region. London: Routledge.

Singha, R. 2007. Finding Labor from India for the War in Iraq: The Jail Porter and Labor Corps, 1916-1920. Comparative Studies in Society and History 49(2):412-445.

Singha, R. 2000. Settle, mobilise and verify: identification practices in colonial India. Studies in History 16 (2): 151-198.

Singha, R. 1998. A despotism of law: crime and criminal justice in colonial India. Delhi: Oxford University Press. Paperback, 2000.