Neues ethnographisches Forschungsprojekt „Lernkulturen im digitalen Wandel“
Das interdisziplinär angelegte Projekt „Lernkultur im digitalen Wandel. Ethnographische Studien zu Schule und Unterricht (LernDiWa)“ wird für zwei Jahre vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur in seinem Programm Pro*Niedersachsen gefördert. Das Projekt ist interdisziplinär angelegt und verbindet Schul- und Unterrichtsforschung, medien- und kulturwissenschaftliche Ansätze sowie Ethnographie.
Die vier Wissenschaftlerinnen Dr. Annekatrin Bock (Medienwissenschaft), Prof. Felicitas Macgilchrist (Bildungsmedienforschung), Prof. Kerstin Rabenstein (Schulforschung) und Dr. Nadine Wagener-Böck (Kulturanthropologie) beobachten über zwei Jahre alltägliche Praktiken des (digitalen) Mediengebrauchs in einer Schule. Sie fragen, wie sich Unterricht in einer Koexistenz digitaler und analoger Medienpraktiken vollzieht. Dabei fokussieren sie neben den unterrichtlichen Praktiken auch die Praktiken der Unterrichtsvor- und -nachbereitung von Lehrkräften und Schüler*innen in der häuslichen Umgebung sowie die freizeit- und peerbezogenen Medienpraktiken in- und außerhalb der Schule.
Das geplante Forschungsvorhaben geht mit der Frage nach dem Wandel von Schule in einer digitalisierten Welt einen Schritt hinter die Annahme zurück, dass schon klar sei, was genau sich in Schule und Unterricht ändert, und fragt danach, was als ‚Wandel’ der Lernkultur von Schule zu beobachten ist. Dafür wird ein Verständnis des Wandels als ein unabgeschlossener, nicht linearer und auch nicht von außen vollständig steuerbarer Prozess zugrunde gelegt. Anfang und Ende eines Wandels sind derzeit ebenso wie seine Richtung kaum bestimmbar. In dem Projekt wird gefragt, was in der Schule als Indizien für einen Wandel angesehen wird, wie der Wandel an der eigenen Schule mit der öffentlichen Diskussion zum digitalen Wandel ins Verhältnis gesetzt wird und und in welcher Weise welche Anforderungen eines Wandels in der Schule bearbeitet werden.
Das Projekt nutzt die Möglichkeiten einer praxistheoretischen Forschung, den schulischen Alltag als ein sprachlich-körperliches Tun mit Dingen bzw. Medien konkret, differenziert und situativ zu beschreiben. Eingesetzt werden neben den methodischen Möglichkeiten einer ‚multi-sited ethnography‘ auch Methoden der Softwareanalyse. Zum vertieften Verständnis digitaler Praktiken und des Mitwirkens von Software in ihnen werden teilnehmende Beobachtungen und Interviews aufeinander bezogen. Geplant ist, die Zwischenergebnisse der ethnographischen Beobachtungen in Workshops mit internationalen Medien- und Schulforscher*innen zu diskutieren, auf internationalen Tagungen zu präsentieren und in Zeitschriftenbeiträgen, aber auch einer Monographie als Fallstudie zu publizieren. Der Start des Projekts ist für Februar 2020 geplant.
In Vorbereitung wurde bereits in Zusammenarbeit mit der Kommission Schulforschung und Didaktik der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft im September 2019 an der Universität Göttingen die Tagung „Unterrichtsmedien im digitalen Wandel“ ausgerichtet. Hier trafen sich rund 80 Wissenschaftler*innen aus Medienforschung und Erziehungswissenschaft zur Diskussion aktueller Forschungsprojekte.
Das Programm der Tagung finden Sie hier.
Eindrücke von der Tagung in Form eines Tagungsberichts finden Sie hier.