Korpora & Archive
Das Gebärdensprachlabor in Göttingen hat in den letzten Jahren zwei unterschiedliche Arten von DGS-Korpora erstellt, ein (1) Fabelkorpus und ein (2) Korpus mit Interviews, die wir mit älteren tauben Menschen geführt haben. Darüber hinaus hat Rehana Omardeen während ihrer Zeit als Doktorandin in unserem Team ein (3) Archiv zu Providence Island Sign Language (PISL) erstellt. Außerdem haben wir gemeinsam mit Kolleg/innen des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig eine (4) Normierungsstudie für mehr als 300 Gebärden durchgeführt.
(1) Das Fabelkorpus enthält DGS-Versionen von fünf Aesop-Fabeln, die von fünf DGS-Signer/innen erzählt wurden. Die Fabeln sind alle mit ELAN annotiert und wurden schon intensiv für die Erforschung von Role Shift, Perspektivierung, Expressivität und Erzählstrukturen genutzt.
(2) Das Interviewkorpus enthält 45 leitfadengestützte Interviews mit tauben Senior/innen, die zur Zeit des Interviews über 70 Jahre alt waren. Die Interviews sind ein einzigartiges historisches und kulturelles Dokument, das Aufschluss über das Leben tauber Menschen in Ost- und Westdeutschland während und nach dem zweiten Weltkrieg gibt. Für fünf der 45 Interviews liegt mittlerweile eine Basisannotation (in ELAN) vor. Die Interviews konnten schon für unterschiedliche Projekte und Publikationen zu den Lebensgeschichten tauber Menschen genutzt werden. Außerdem bilden sie eine Grundlage für den europäischen Dokumentationsfilm "Wir waren da ... wir sind hier".
(3) Das PISL-Korpus ist eine Sammlung spontaner und elizitierter Äußerungen gehörloser und hörender Signer*innen auf Providence Island. Die Daten wurden von Rehana Omardeen und Ian Dhanoolal mit der Unterstützung von Mitgliedern der Sprachgemeinschaft gesammelt. Die Sammlung umfasst frei verfügbare Videodaten, die von Übersetzungen in die auf Providence Island gesprochenen Sprachen begleitet werden, und eine Datenbank mit PISL Gebärden. Weitere Informationen finden Sie hier.
(4) Da die Erstellung von Gebärdensprachkorpora ein komplexes und langwieriges Unterfangen ist, zielt unsere Normierungsstudie darauf ab, ausgewählte psycholinguistische Normen für Frequenz, Erwerbsalter, Ikonizität und Transparenz für die Deutsche Gebärdensprache (DGS) anhand subjektiver Bewertungen von gehörlosen und hörenden Teilnehmern abzuleiten. Das frei verfügbare OSF-Archiv enthält die gesammelten Bewertungsdaten, Stimulus-Clips einschließlich Motion-Tracking-Daten und den für die Datenanalyse verwendeten R-Code.
Wenn Sie Fragen zu den beiden Korpora oder zu den beiden Archiven haben, wenden Sie sich bitte an die Laborleitung.