Zwischen den Welten
Archäologie einer europäischen Grenzregion zwischen Sachsen, Slawen, Franken und Dänen
von Jens Schneeweiß
Göttinger Schriften zur Vor- und Frühgeschichte 36 (Kiel, Hamburg 2020)
DOI 10.23797/9783529015366
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Im Zentrum des Buches
steht der Höhbeck/Elbe an der Grenze zwischen Niedersachsen und Brandenburg. Er
lag zur Wikingerzeit ›zwischen den Welten‹: Im Frühmittelalter waren die
Wikinger die ›Global Player‹ des Nordens; den Westen bestimmte Karl der Große
und sein Reich, gefolgt von den Ottonen; das östliche Europa bevölkerten die
Slawen. Vom 8.–11. Jahrhundert stießen sie hier aneinander; es verdichtete sich
europäische Geschichte genau dort, wo im 20. Jahrhundert der Eiserne Vorhang
Europa teilte.
Von 2005–2009 führte das Seminar für Ur- und Frühgeschichte der
Georg-August-Universität Göttingen umfangreiche archäologische Ausgrabungen in
dieser Grenzregion an der Elbe durch. Sie wurden zum großen Teil von der DFG
gefördert. Die Ergebnisse dieser Forschungen bilden die Grundlage des Buches,
das vom ersten Auftreten von Slawen an der Elbe im 7./8. Jahrhundert bis zum
Beginn des hochmittelalterlichen Landesausbaus im 11./12. Jahrhundert reicht.
Am Höhbeck lag der untergegangene karolingische Grenzhandelskontrollort Schezla
mit dem castellum hohbuoki Karls des Großen, hier besiegte im Jahr 929 Heinrich
I. die Slawen in einer bedeutenden Schlacht. Die Siedlungsentwicklung war
damals, lange vor dem Deichbau, eng an die Dynamik der Flusslandschaft
gebunden. Das ist als Ausdruck sensibler Mensch-Umwelt-Beziehungen zu
verstehen, die mit dazu beigetragen haben, dass die Geschichte am Höhbeck in
eine Sackgasse lief. Der nachfolgende Bedeutungsverlust dieser Region macht sie
paradoxerweise zu einer Fundgrube für die Archäologie, denn dadurch wird uns
heute ein überraschend unverbauter Einblick in das Frühmittelalter ermöglicht,
wie er nur ausnahmsweise zu bekommen ist.
Eine interdisziplinäre Herangehensweise ermöglicht die Darstellung
verschiedener wissenschaftlicher Perspektiven auf die Siedlungs- und
Ereignisgeschichte. Neben traditioneller archäologischer Fund- und
Befundanalyse enthält der Band geoarchäologische, historische und theoretische
Annäherungen, wodurch neue Interpretationsebenen erschlossen werden. Sie werfen
neues Licht auf die europäische Frühgeschichte weit über die unmittelbare
Elbregion hinaus.