GISCA Occasional Paper Series

Die Göttingen Institute of Social and Cultural Anthropology (GISCA) Occasional Paper Series veröffentlicht exzellente Abschlussarbeiten der Studierenden, aktuelle Forschungsergebnisse der Forschenden und Lehrenden des Institutes sowie herausragende Vorträge aus dem Institutskolloquium.


Aktuelle Ausgaben


GISCA 38 Roters 2024_1

GISCA No.38, 2024

Bachelorarbeit

Roters, Jannik

"Sandscapes im Wandel: Eine Analyse des Aktivismus von Mother Nature Cambodia zu den sozioökologischen Folgen des Sandabbaus"​


Diese Arbeit betrachtet die globale Sandindustrie mit ihren ökologischen und sozialen Konsequenzen, um darauf aufbauend zu analysieren, wie die Umwelt- und Menschenrechtsorganisation Mother Nature Cambodia aktivistisch gegen den (illegalen) Abbau und Export von Sand in der Untersuchungsregion Kambodscha vorgeht. Dafür wird das Konzept der Sandscapes herausgearbeitet und anhand der drei Ebenen Mobilität, Austausch und Transformation aufgezeigt, dass Sand nicht nur ökologisch, sondern zudem ökonomisch, sozialpolitisch und soziokulturell betrachtet werden muss. Die Analyse des Aktivismus von Mother Nature zeigt, wie die Organisation durch eine Kombination aus Aufklärungsarbeit, Aufmerksamkeitserregung, direkten Protesten und Regierungskritik, die kambodschanischen Sandscapes beeinflusst. Die zentralen Aspekte dieser Ansätze sind der digitale Aktivismus, die mediale Wahrnehmung, die Bevölkerungsmobilisierung und die politischen Forderungen, mithilfe derer sie sowohl die Mobilität, den Austausch als auch die Transformation von und durch Sand verändern. Trotz erheblicher Repressionen seitens der Regierung implementierte diese, resultierend aus dem gesellschaftlichen Druck, ein vollständiges Exportverbot von Sand, das größtenteils der Arbeit von Mother Nature Cambodia zugeschrieben werden kann.


GISCA 37 Engel 2024_1

GISCA No.37, 2024

Bachelorarbeit

Engel, Tanita

"What‘s Love Got to Do with It. Romantic Love as a Category in the Border Regime"​


Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Konzeptualisierung und Operationalisierung von ‚Liebe‘ im Kontext des europäischen Grenzregimes, speziell im Hinblick auf die Regulierung von Partnermigration. Durch die Zusammenführung ethnologischer Debatten über romantische Liebe mit einer Analyse von Grenzpraktiken und -prozessen veranschaulicht diese Studie, wie romantische Liebe zu einer bürokratischen Kategorie wird, anhand derer binationale Paare bewertet werden. Dennoch findet sich im europäischen Grenzregime keine singuläre Codierung des Liebesbegriffs. Vielmehr werden Anforderungen an unterschiedliche Performances von ‚Liebe‘ gestellt, die in Bezug auf Geschlecht, race, Klasse und Nationalität variieren und sich auf verschiedene, widersprüchliche Skripte stützen. Während diese Performances vordergründig danach bewertet werden, ob sie ‚authentische‘ Liebe reproduzieren können, werden sie tatsächlich herangezogen, um zu beurteilen, ob binationale Paare die vorherrschenden, normativen (moralischen) Standards verkörpern und aufrechterhalten können – auch wenn diese Standards miteinander in Konflikt stehen. Ironischerweise sind binationalen Paaren daher gezwungen, strategisch ‚Authentizität‘ zu inszenieren. Dies prägt ihr Leben als Ganzes, weit über die unmittelbare Konfrontation mit dem Grenzregime hinaus.


GISCA 36 Endzeit Spielen: Körper, Subjektivität und Naturverständnis in gegenwärtigen Survival-Formaten

GISCA No.36, 2024

Masterarbeit

Waidele, Katina

"Endzeit Spielen: Körper, Subjektivität und Naturverständnis in gegenwärtigen Survival-Formaten"​


Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem gegenwärtigen Wildnis-Boom, der in den letzten Jahren rasant zugenommen hat. Angebote zu Bushcraft, das Überleben im Wald und verwandte Erlebnisse mit und in der Natur erfreuen sich enormer Beliebtheit und sind paradoxerweise besonders in digitalen Formaten vertreten. Anhand der Serie „7 vs. Wild“, die in den letzten Jahren die deutschen YouTube-Charts anführte, wird untersucht, welche kulturspezifischen Apriori und kollektiven Narrative die aktuelle Faszination mit Erlebnissen und Inhalten dieser Art beeinflussen. Subjektivität, Körper und Naturverständnis sind die drei theoretischen Parameter, die die Arbeit strukturieren. Alle drei Dimensionen spielen in ihrer sozialen Konstruiertheit eine wesentliche Rolle und offenbaren, welche sozial hergestellten Normen und Ideale zum Erfolg von Survival- Formaten beitragen. Kollektive Überzeugungen über das Selbst, den individuellen Körper in Wechselwirkung mit der (sozialen) Umwelt und Vorstellungen über die Natur als externe Einheit, spielen eine maßgebliche Rolle bei „7 vs. Wild“ und liefern Erklärungsansätze für den gegenwärtigen Siegeszug „der Wildnis“.



2023


GISCA 35 Loimeier Holtensen und Holtenser Berg 2023 (1)_1

GISCA No.35, 2023

Working Paper

Loimeier, Roman

"Holtensen und Holtenser Berg: ​Das „Fremde“ so nah​​"​


Das vorliegende Working Paper entstand auf der Grundlage der Idee, Studentinnen und Studenten des Faches Ethnologie an der Universität Göttingen zu zeigen, dass man das „Fremde“ nicht unbedingt in der geographischen Ferne finden kann, sondern auch in der unmittelbaren geographischen Nähe. Diese Perspektive auf das (nahe) „Fremde“ hat mich 2019 zu Überlegungen geführt, eine Lehrveranstaltung zu zwei Göttinger Stadtviertel zu planen und durchzuführen, welche vielen Göttingern, insbesondere den Studentinnen und Studenten an der Universität Göttingen, in der Regel unbekannt sind, nämlich Holtensen und der Holtenser Berg. Zudem hatte diese Lehrübung den Zweck, die Studentinnen und Studenten des Faches Ethnologie besser mit den Forschungspraktiken des Faches vertraut zu machen als dies im Seminarraum möglich ist, nämlich im Rahmen realer Exkursionen nach Holtensen und auf den Holtenser Berg und im Rahmen von Gesprächen mit Bewohnern dieser Göttinger Stadtviertel. Auf der Grundlage von Mikrostudien in Holtensen und auf dem Holtenser Berg sollte die tatsächliche „Fremdheit“ dieser beiden Stadtteile „erforscht“ werden – und zwar mit Hilfe des Spektrums etablierter ethnologischer Forschungsmethoden.




2022


gisca34

GISCA No.34, 2022

Paper

Katja Rieck; Katja Föllmer

"​Beyond Liberal Narratives: ​Rethinking Agency and Social Change in Post-Revolutionary Iran​"


Der vorliegende Beitrag diskutiert die empirischen und theoretischen Schwachstellen liberaler Narrative sozialen Wandels. Solche Narrative werden oft als Manifestationen zivilen Ungehorsams gegenüber einem streng regulierten Staat oder als Auflehnung gegen Tradition und Moral in einer scheinbar monolithischen religiösen Gemeinschaft von Schiiten verwendet. Unsere Diskussion konzentriert sich auf Asef Bayat’s Life as Politics, weil dieses Werk als grundlegende Studie über sozialen Wandel in Iran und dem Mittleren Osten im Allgemeinen gilt und Forschungsperspektiven sowohl in der Ethnologie als auch in den Regional- und Politikwissenschaften beeinflusst. Wir argumentieren, dass diese Narrative, die ethnographische Studien über Iran dominieren, Transformationsprozesse auf Konflikte und Aushandlungen zwischen „Staat“ und „Zivilgesellschaft“ begrenzen. Für ein tieferes Verständnis von Wandlungsprozessen muss man jedoch die Besonderheiten und Komplexitäten der gelebten Wirklichkeit berücksichtigen und wie Iranerinnen und Iraner ihrem Leben Bedeutung verleihen.



GISCA 33 Westerkamp Titelseite_kl

GISCA No.33, 2022

Bachelorarbeit

Louis Westerkamp

"​Inklusion Delusion - Neoliberale Diskurse und Praktiken in der Stadtentwicklung: ​Eine Fallanalyse des Public Utility Vehicle Modernization Program (PUVMP) in der Metro Manila"


Diese Arbeit analysiert, wie das Public Utility Vehicle Modernization Program (PUVMP) den öffentlichen Personenverkehr und insbesondere die bisher lose organisierten Jeepneys im hoch urbanisierten Raum der Metro Manila zu modernisieren und zu rationalisieren versucht. Ausgehend von der Annahme, dass (1) heutige (urbane) Entwicklungsprogramme meist neoliberalen Logiken folgen und dass (2) Neoliberalismus nach gouvernementalem Ansatz als ein gesellschaftliches Projekt zur Neuordnung von Machtstrukturen zu verstehen ist und dem Machterhalt sowie der Machterweiterung politökonomischer Eliten dient, untersucht diese Arbeit das PUVMP nach Merkmalen des inklusiven Neoliberalismus nach Craig und Porter (2006). Konkret stellt diese Arbeit heraus, warum und inwiefern das PUVMP beispielhaft für ein urbanes Entwicklungsprogramm in einem Staat des globalen Südens als neoliberal zu gelten hat, wie es auf das neoliberale Imaginary der Global City rekurriert, wie sich eine solche neoliberale Agenda gesellschaftlich auswirken kann. Schließlich zeigt es, warum diese Entwicklung letztlich zu Formen der sogenannten Inclusion Delusion führt.




2021


GISCA 32 Hermann Kempf 2021 Climate Change Songs

GISCA No.32, 2021

Elfriede Hermann, Wolfgang Kempf

"Climate Change Songs and Emotions: Articulating Agency in the Central Pacific"


Articulations of vulnerability, of the will to address the challenges posed by climate change, and of criticism of the international community’s inadequate efforts to limit global warming have taken many forms. In the Central Pacific atoll nation of Kiribati, songs associated with emotions are one of the artistic forms used to convey these articulations. In this paper, we turn our attention to a song about climate change that was written in English to reach the global community. We argue that this song, with its highly articulated and evoked emotions, represents a political practice in which the agency of atoll inhabitants is expressed. This song allows the protest against international climate policies to be heard and felt on the global stage. Although Kiribati is considered particularly vulnerable, the composer resists portraying the nation as a victim of climate change. Instead, he emphasizes the people’s agency and calls on the global community to take appropriate action.



GISCA-31-cover

GISCA No.31, 2021

Friederike Hesselmann

"Fürsorgliche Liebe als Widerstand: Die Emotion und das Selbst in der Care-Arbeit lateinamerikanischer Haushaltshilfen in Madrid"


Diese Arbeit untersucht fürsorgliche ‚Liebe‘ im Kontext der care-Arbeit lateinamerikanischer Haushaltshilfen in Madrid. Angelehnt an Michel Foucaults diskursanalytischen Ansätzen wird auf der Grundlage von ethnographischen Vignetten und Interviews die Emotion der ‚Liebe’ als diskursive, in den Kulturen Lateinamerikas eingebettete Reproduktion emischer Bedeutungen von ‚Liebe‘ analysiert. Unterschiede in der Auffassung der care-Arbeit führen zu missverständlichen, mitunter auch konfliktträchtigen Spannungen im Arbeitsverhältnis. In Beantwortung der Forschungsfrage „wie nehmen lateinamerikanische Haushaltshilfen in Spanien die fürsorgliche Liebe wahr und wie wirkt sich diese Wahrnehmung auf ihre care-Arbeit aus?“ wird dafür argumentiert, Liebe als Widerstand gegen die Anforderungen der spanischen Arbeitgeberinnen zu verstehen. Im Kontext der globalisierten Arbeitsteilung der reproduktiven care-Arbeit reproduzieren sich gleichsam historisch tradierte koloniale Machtverhältnisse, die sich in einem ungleichen, auf ausbeuterischen Strukturen basierenden Verhältnis der lateinamerikanischen Haushaltshilfen mit den europäischen Arbeitgeber:innen widerspiegelt. Die Ergebnisse der Feldforschung in Madrid, die wegen Reisebeschränkungen online weitergeführt wurde, zeigt auf, wie die ‚Liebe‘ in Anlehnung an Stuart Halls Konzept des positioning und der articulation Diskurse schafft, die zum einen eine identitäre Komponente haben und die lateinamerikanische Diaspora und insbesondere Haushaltshilfen als soziale Gruppe vereint. Zum anderen werden die sozialen (und psychologischen) Konsequenzen der praktischen care-Arbeit als widerständige Praxis gegen die ausbeuterischen Strukturen positioniert.



Lena Brülls

GISCA No.30, 2021

Masterarbeit

Lena Brülls

"Tibetan youth and Indian exile - Cultural identities and challenges in Dharamsala"


In Dharamsala, Indien, wächst die dritte Generation von Tibetern im indischen Exil auf. Während im Heimatland Tibet kulturelle und religiöse Praktiken der systematischen Zerstörung ausgesetzt sind, versuchen viele Tibeter in Indien ihr Bestes, diese zu bewahren. Während die tibetische kulturelle Identität Gegenstand zahlreicher Studien war, gibt es nur wenige akademische Veröffentlichungen, die sich speziell mit der Jugend in der Diaspora beschäftigen. Dies ist bedeutsam, da ein großer Teil der tibetischen Bevölkerung im Exil jung ist. Basierend auf einer ethnographischen Feldforschung in Dharamsala in Nordindien, untersucht diese Arbeit die Erfahrungen und Lebensrealitäten junger Tibeter. Durch die Analyse ihrer individuellen Konzepte von kultureller Identität konzentriert sich die Arbeit auf das Zusammenspiel von Wahrnehmungen des Heimatlandes Tibet, Indien als Gastland und der breiteren Diaspora. Dieses Zusammenspiel ist begründet in den politischen und sozialen Bedingungen des Exils und den daraus resultierenden Herausforderungen sowie den politischen und sozialen Sehnsüchten nach dem Heimatland. Die junge tibetische Generation in Dharamsala kämpft für den Fortbestand der tibetischen Traditionen, Religionen, Sprachen und Kultur in der Diaspora. Obwohl sie eine kollektive Erinnerung an die Geschichte und eine Sehnsucht nach dem Heimatland teilen, verfolgen sie individuelle und sehr heterogene Zukunftspläne. Diese Arbeit analysiert Variationen des "Tibetischseins" in Dharamsala, indem sie verschiedene kulturelle Aspekte und Erfahrungen von Tibetern in ihren beiden Herkunftsländern, Tibet oder Indien, auswertet.



GISCA 29 Koch 2021

GISCA No.29, 2021

Julia Koch

"Spurenlesen: Eine ethnologische Forschung in der südafrikanischen Rundfunkkorporation SABC"




Die 1936 auf Parlamentsbeschluss hin gegründete Südafrikanische Rundfunkkorporation, die SABC (South African Broadcasting Corporation), ist aufgrund ihrer Omnipräsenz durch die sozio-politischen Umschwünge hindurch auch in der Gegenwart zentral für die gesellschaftliche Selbstreflexion. In diesem Working Paper entwerfe ich Konzepte zur ethnologischen Untersuchung der SABC als Spur in die südafrikanische Gegenwart. Basierend auf einer ethnographischen Pilotforschung im Archiv der Organisation stelle ich dann eine Loseblattsammlung zusammen. Die Diskussion kreist um die Konstruktionen von Nicht-Wissen.






2020


Titelseite GISCA 28

GISCA No.28, 2020

Brigitta Hauser-Schäublin

"Beyond plagiarism: where does scientific misconduct begin? Academic integrity, misrepresentations and the Cook/Forster Collection"


Cases of violation of academic integrity among high-ranking politicians and scientists in Germany have shocked the public when it became known that these had fabricated the results of their research or committed plagiarism in their dissertation. However, where does scientific misconduct begin? There seems to exist a grey area of breaches of good research practice. I will explore it and inquire particularly into the practice of misquoting, using quotes out of context and omitting data that do not fit the author’s argument. I will also examine the conditions and circumstances under which such practices seem to have increased over the past decades. The main example, which illustrates such practices, constitutes the research, publication and exhibition projects of the Göttingen Cook/Forster Collection and the way in which they became misrepresented.



GISCA 27 Müller Titelseite

GISCA No.27, 2020

Masterarbeit

Max Müller

„Transnationale Lebenslinien junger Việt kiều – In der Fremde zu Hause/In der Heimat zu Besuch?!“


Innerhalb dieser Arbeit wird die gemeinsame Spurensuche von einer Gruppe in Deutschland geborener Kinder vietnamesischer Eltern und mir nach Fragen der Heimat, Rückkehr und Identität im transnationalen Raum Deutschland/Vietnam wiedergegeben. Im Kontext diasporischer Tourismuserfahrungen begleitete ich dafür junge Menschen – in vielen Fällen Freunde und Freundinnen aus meiner Schulzeit – auf ihren vermeintlichen Rückkehr-Reisen ins Heimatland ihrer Eltern. Dabei zeigte sich, dass die Erfahrungen der Forschungsteilnehmenden stetig zwischen Gefühlen der Heimat und Momenten der Entfremdung schwanken. Inbesondere jedoch im direkten Vergleich zwischen den Geschlechtern wurde mir deutlich, dass für junge Frauen der Prozess der Beheimatung in Vietnam durch Verbote und Einschränkungen ihrer Familien deutlich steiniger ist. Schlussendlich konnte ich durch diesen Ausstausch die identistätsstiftende Wichtigkeit der „Rückehr-Reisen“ nachspühren und bekam durch den spannenden Forschungsdialog mit den Teilnehmenden dieser Studie die Ambivalenz der Begriffe Heimat und Rückkehr deutlich vor Augen geführt.



GISCA 26 Titelseite

GISCA No.26, 2020

Sammelband

Nadine Sieveking (Hg.)

„Dimensionen des Religiösen und Nicht-Religiösen. Empirische Forschungen im ERC-Projekt: ‚Private Pieties. Mundane Islam and New Forms of Muslim Religiosity: Impact on Contemporary Social and Political Dynamics“


Das vorliegende Arbeitspapier reflektiert die Forschungsprozesse, die im Rahmen des von Roman Loimeier konzipierten und geleiteten Projekts „Private Pieties. Mundane Islam and New Forms of Muslim Religiosity: Impact on Contemporary Social and Political Dynamics“ initiiert wurden. Es präsentiert einen Zwischenstand und Ausschnitte aus der Entwicklung des Gesamtprojekts sowie der Einzelprojekte, die bisher in Iran (Katja Föllmer) in Ägypten (Lisa Franke), in Libanon (Johanna Kühn), in Senegal (Nadine Sieveking) und in Tunesien (Roman Loimeier) durchgeführt wurden. In der Einleitung werden methodologisch relevante Aspekte unserer projektinternen Auseinandersetzung mit zentralen Begriffen und Fragen, insbesondere nach den Möglichkeiten des empirischen Zugangs zu „privaten Frömmigkeiten“ sowie zu „individuellen Religiositäten“, nachgezeichnet. Die folgenden Kapitel gehen auf länderspezifische Rahmenbedingungen, sowie individuelle Feldzugänge und Forschungsinteressen der Projektmitarbeitenden ein. So werden die jeweils gewählten Schwerpunkte der empirischen Studien und ihr Fokus auf unterschiedliche Formen des Religiösen und Nicht-Religiösen nachvollziehbar.



GISCA 25 Titelseite

GISCA No.25, 2020

Masterarbeit

Norbert Pötzsch

„‚It‘s me - But this is Tonga‘. Das Handlungsvermögen junger Tonganer*innen“


Das Königreich Tonga zeichnet sich durch viele traditionelle Vorstellungen aus, die sich in hierarchischen Familien- und Gesellschaftsordnungen oder spezifischen Geschlechterrollen widerspiegeln. Diese Vorstellungen werden durch verschiedene diasporische und religiöse Einflüsse in Frage gestellt. Junge Tonganer*innen, die spezifische Vorstellungen ihrer eigenen Zukunft oder Lebensweise besitzen und somit in Interessenkonflikte mit Eltern beziehungsweise der Gesellschaft kommen, sehen sich mit Herausforderungen konfrontiert. Auf der Grundlage bestehender Konzepte von Handlungs– und Wirkvermögen wird ein eigener neuer Ansatz entwickelt. Anhand dieses Ansatzes beleuchtet die Arbeit zunächst das soziokulturelle, religiöse und ökonomische Umfeld junger Tonganer*innen und zieht anschließend drei Fallbeispiele heran, die stetig wiederkehrende Problemstellungen ihrer alltäglichen Leben darstellen. Hierbei wenden junge Tonganer*innen situativ spezifische Strategien an, im Zuge derer sie sowohl eigenes als auch fremdes Handlungs– und Wirkvermögen konstituieren und verwenden, um eigene Ziele und Vorstellungen ihrer Zukunft umzusetzen.




2019


GISCA 24 Christensen

GISCA No.24, 2019

Kapitel aus Sammelband (i.E.)

Paul Christensen

"'We will never get rich if we follow Buddhism'. The Rise of Brahmanism in Cambodia"


This paper explores the growing demand for spirit rituals in Cambodia over the last two decades. Beginning with the fall of the Khmer Rouge regime in 1979, the author focuses on the revitalisation of “Brahmanism” (brahmaṇya-sāsanā), a term that in Cambodia describes religious practices involving spirits. Brahmanist practices have grown in popularity in parallel with the rapid revitalisation of Buddhism that has taken place since the end of the post-Khmer Rouge Vietnamese occupation of Cambodia in 1989. The author argues that the influence of ideas of pāramī, or spiritual power, is a significant reason for the popularity of Brahmanist rituals. In contrast to Buddhist practice which places emphasis on the accumulation of merit (puṇya), spirits and their human mediums may provide immediate cures, or help in the accumulation of power and money. Hence Brahmanism is appealing to many Cambodians – as the title of the paper suggests – because their offerings are traded for more immediate benefits than Buddhist merit-making. Because of their flexibility, Brahmanist rituals have been easily adapted to the new capitalist market, which was ‘liberalized’ in the 1990s. Unlike the well-documented development of Buddhism, the revitalization of Brahmanism has gone rather unnoticed by scholars of Cambodia. Nonetheless, it has become a modern phenomenon that provides revealing insights into a society that finds itself in politically troubled times.



GISCA 23 Jákli

GISCA No.23, 2019

Masterarbeit

Daniel Jákli

"Alles nicht so rosig. Nachbarschaft und Ressourcenkonflikte in der Naivasharegion, Kenia"


Die Region um den Naivashasee ist das wichtigste Anbaugebiet für Schnittblumen in Kenia. Neben der Schnittblumenindustrie existieren allerdings noch weitere wichtige Wirtschaftszweige in Naivasha wie der Tourismus, die Fischerei und die Energiegewinnung durch Geothermie, die alle um die knapper werdenden Ressourcen wie Wasser, Land und Wildtiere sowie die zukünftige Gestaltung der Region konkurrieren. Überdies hinaus hat die Nationalregierung mit dem Bau eines Industrieparks und eines Trockenhafens in Naivasha eigene Pläne für die wirtschaftliche Entwicklung der Region. Mit Hilfe des von Echi Gabbert entwickelten Ansatzes der globalen Nachbarschaft und Bourdieus Feld- und Kapitaltheorie werden in dieser Arbeit die verschiedenen Akteure und Interessensgruppen beleuchtet und ihre nachbarschaftlichen Beziehungen untereinander sowie ihre verschiedenen Machtpositionen herausgearbeitet. Dabei wird argumentiert, dass in Naivasha Nachbarschaft in erster Linie Konkurrenz sowie Unsicherheit bedeutet und die eigenen Vorstellungen und Interessen nur durch das geschickte Akkumulieren und Einsetzen der verschiedenen Kapitalsorten – ökonomisches, soziales, kulturelles und symbolisches – durchgesetzt werden können.



GISCA 22 Wartenberg

GISCA No.22, 2019

Bachelorarbeit

Josefine Wartenberg

"Das Konvolut Leonhard Schultze Jena - Eine kolonialzeitliche Spurensuche in der Ethnologischen Sammlung Göttingen"


Zum Bestand der Ethnologischen Sammlung der Georg-August-Universität Göttingen zählen eine Reihe von Gegenständen, die der deutsche Zoologe, Ethnologe und Geograf Leonhard Schultze Jena (1872-1955) auf seinen umfassenden Forschungsreisen zu Beginn des 20. Jahrhunderts in den ehemaligen Kolonien Deutsch-Neuguinea und Deutsch- Südwestafrika zusammengetragen und ab 1937 nach Göttingen verkauft hat. Die Arbeit stellt die Frage, wie diese Gegenstände nach Deutschland kamen und welche Interessen die Forschungstätigkeiten ihres Sammlers leiteten. Die vorhandenen Objekte werden dabei in einen größeren Zusammenhang gestellt: Anhand von Schultze Jenas Veröffentlichungen werden sowohl dessen Beziehungen und Einstellungen zur indigenen Bevölkerung als auch zur kolonialen Verwaltung aufgezeigt. Auf diese Weise wird beispielhaft analysiert, wie die Praxis des ethnografischen Sammelns und der Kolonialismus als Ideologie und als System miteinander verwoben waren.




2018


GISCA 21 Klinkenborg

GISCA No.21, 2018

Masterarbeit

Lina Klinkenborg

"Migration und Identität - Die Rapanui und ihre Migrationserfahrungen"


Migration ist ein weltweit aktuelles und wichtiges Thema. Auch für die Rapanui, die am Rande des polynesischen Dreiecks mitten im Pazifik auf Rapa Nui, besser bekannt als die Osterinsel, leben. Basierend auf einer ethnografischen Feldforschung auf Rapa Nui untersucht diese Studie die Migrationserfahrungen der Rapanui und deren Auswirkungen auf ihre Identität. Besonders die Migration zu Bildungs- und Arbeitszwecken steht dabei im Fokus, genauso wie die Rückkehr auf die Insel. Junge Rapanui oder sogenannte Mestizos (wörtlich übersetzt Mischlinge, Mestizen), Kinder mit einem Rapanui und einem einer anderen Nationalität angehörigen Elternteil, wachsen im Kontext politischen, kulturellen und gesellschaftlichen Wandels auf. Die Identität der Rapanui bewegt sich innerhalb dieser verschiedenen Kontexte. Besonders die kulturelle und ethnische Identität sowie die Sprache Rapanui spielen eine wichtige Rolle für ihre Identitätskonstruktionen und ihr Zugehörigkeitsgefühl. Es wird argumentiert, dass während der Migration und nach der Rückkehr auf die Insel Abgrenzungs- sowie Aushandlungsprozesse stattfinden und, dass Migrationserfahrungen die Identität der Rapanui beeinflussen und zu Identitätsverschiebungen oder -verstärkungen führen können, wobei individuelle und kontextuelle Umstände berücksichtigt werden müssen.



GISCA 20 Lauser

GISCA No.20, 2018

Multimedia paper including photos, video and audio

Andrea Lauser

"Staging the spirits: lên đồng - cult - culture - spectacle"


Vietnamese mediumship known as lên đồng, a central ritual practice in the context of the so-called Religion of the Mother Goddesses (Ðạo Mẫu, also referred to as “the way of the four palaces”, Đạo Tứ Phử), can be described as a vital religious practice which has proved its resilience and adaptability throughout its history despite persistent criticism in the name of modernity and progress. In this paper I trace the dynamics of the transformation of this practice from a forbidden possession ritual at the centre of the Four Palace Cult (Đạo Tứ Phử) to its toleration and appreciation as an expression of “authentic” Vietnamese culture and collective national identity. I outline this pathfrom national shame to national fame through different stages and ‘spaces of articulation’, such as folklorization, the experimental art spectacle, and heritagization and theatricalization as propaganda spectacle. The question of whether mediumship is accepted as a religious ritual, or even as a religion at all, is of political significance and relevance in a country like Vietnam, where the state judges the legitimacy of religion.



GISCA 19 Trenczek Cover

GISCA No. 19, 2018

Bachelorarbeit

Anne Marijke Trenczek

"Muslimische Kinderehen in Deutschland: Kulturelle Tradition, islamisches Recht und deutsche Gesetzgebung"


Seit der so genannten „Flüchtlingskrise“ ist die Zahl der „Kinderehen“ in Deutschland gestiegen. Im Juli 2016 gab es in Deutschland 1475 verheiratete Kinder und Jugendliche, obwohl die Ehe rechtlich in der Regel erst ab 18 Jahren gestattet ist. Die Dunkelziffer solcher Ehen liegt jedoch deutlich höher. Denn Bestandteil der Problematik sind ebenso die in Deutschland bereits seit langem – unabhängig von der aktuellen Migrationsbewegung – stattfindenden Eheschließungen von Minderjährigen in unterschiedlichen Kontexten. Hierzu gehören auch islamischen Ehen, die vor dem Staat und der deutschen Mehrheitsgesellschaft meist verborgen bleiben. Das Thema der muslimischen Kinderehe in Deutschland ist dementsprechend vielschichtig und betrifft unterschiedliche Bereiche der Wissenschaft und des täglichen Lebens. Die Arbeit beleuchtet die Problematik daher sowohl aus rechtlicher, als auch aus ethnologischer Sicht und beschäftigt sich sowohl mit den Beweggründen der Betroffenen, als auch mit den unterschiedlichen Formen des Umgangs mit der Thematik



GISCA 18 Hermann Cover

GISCA No. 18, 2018

Working Paper

Elfriede Hermann

"Social Capital in the Face of Climate Change: Voices of Emotional Belonging from Kiribati"


Faced with globally circulating news of anthropogenic climate change, local responses in the Pacific often include dual articulations: of emotions and of belonging to a specific land and people. In this essay I focus on expressions of emotional belonging that are articulated by citizens of Kiribati, an atoll state in the central Pacific that is considered to be particularly vulnerable to consequences of climate change. In examining the responses of Kiribati’s citizens, I conceptualise emotional belonging to land and people to be a form of social capital. From this perspective, I argue that the social capital that emotional belonging represents is constitutive of people’s will to social resilience vis-à-vis projections of how climate change will likely impact on their home islands. Tracing social resilience from an anthropological perspective, I hope to contribute to a growing body of studies that call for more research into local communities’ potential for adaptation, thus counterbalancing the prevailing emphasis on vulnerability.




2017


Titel GISCA 17 Hartung klein
GISCA No. 17, 2017

Bachelorarbeit

Philipp Tilman Hartung

"Aushandlungen zwischen Schutz und Verselbstständigung: Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Betreuung der Jugendhilfe in Göttingen"


Geflüchtete unter 21 Jahren, die sich ohne nahe Verwandte in Deutschland aufhalten, werden nach §8a des sozialgesetzbuches von der Jugendhilfe betreut. Die Jugendhilfe in Göttingen betreibt dafür seit 2014 das Fachteam „Junge Flüchtlinge“. Derzeit sind durch die Arbeit des Fachteams über 80 junge, männliche Geflüchtete dezentral im Stadtgebiet untergebracht und werden individuell, sozialpädagogisch betreut. Empirische Basis dieser Arbeit ist ethnografische Feldforschung mit sowohl jungen Geflüchteten, als auch den Sozialarbeiter_innen der Jugendhilfe. Auf dieser Grundlage beleuchtet die Arbeit die Hintergründe und Motive der Geflüchteten und stellt gleichzeitig die Frage, inwieweit die Integrationsspezialist_innen der Jugendhilfe diesen Interessen vor dem Hintergrund von Asylrecht und gesellschaftlichen Erwartungen gerecht werden können.



Titel 16 Gellert klein

GISCA No. 16, 2017

Masterarbeit

Jana Gellert

"Zur Bedeutung von Religion im Umgang mit dem globalen Klimawandel: Perspektiven von zwei christlichen Gemeinden in Suva, Fidschi"


Das Christentum hat einen starken Einfluss auf das Leben der Pacific Islander. Dieser beschränkt sich nicht nur auf das tägliche Beten und die sonntäglichen Kirchgänge, sondern geht weit über den zu erwartenden Rahmen hinaus. Mit ihrer Forschung über den Einfluss des christlichen Glaubens auf den Umgang von Pacific Islandern mit dem globalen Klimawandel beleuchtet die Autorin, wie weitreichend und wirkungsstark das Christentum im alltäglichen Leben und Weltverständnis der Menschen verankert ist. Zudem zeigt sie auf, welches Potential Wissenschaftler*innen, Pastoren und Gläubige dem Christentum zuschreiben, um die Bewohner Ozeaniens zu erreichen und zu einem aktiven und nachhaltiges Verständnis des globalen Klimawandels zu bemächtigen. Sie plädiert hierbei nicht nur für eine starke interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Natur-, Human- und Sozialwissenschaften, sondern auch für die Aufhebung der strikten Trennung zwischen Religion und Wissenschaft, um dem globalen Klimawandel holistisch zu betrachten, eine globale Ethik des Klimawandels zu entwickeln und praxisorientierte Forschung zu betreiben.



GISCA 15 Yainishet kl

GISCA No. 15, 2017

Masterarbeit

Jonathan Yainishet

" ‘Same same but different‘: Ethnic nationalism and North Korean migrants in South Korea."


Basierend auf ethnografischer Feldforschung in Seoul, untersucht diese Studie Prozesse ethnischer Differenzierung nordkoreanischer Migrant_innen in Südkorea. Mit Hilfe ethnologischer Erkenntnisse hinsichtlich Ethnizität und ethnischer Grenzziehungsprozesse, wird die historische Genese der Vorstellung der ethnischen Homogenität aller Koreaner_innen beleuchtet. Außerdem wird untersucht, wie das Othering nordkoreanischer Migrant_innen, im Kontext des Grenzregimes der koreanischen Halbinsel im Kalten Krieg (und danach), durch Idiome der Ethnizität ausgedrückt wird. Dies geschieht trotz Diskursen des Multikulturalismus und der Abnahme ethnonationalistischer Empfindungen in Südkorea. Es wird argumentiert, dass die vermehrte Migration von Nordkoreaner_innen nach Südkorea den Hintergrund nicht nur für (Neu-)Aushandlungen des ethnischen Nationalismus, sondern auch von ethnischer Identität und ethnischer Einheit in Südkorea bildet.



Gisca 14 Bens klein

GISCA No. 14, 2017

Vortrag im Institutskolloquium

Jonas Bens

"Rhetoriken der Sentimentalisierung und die Zerstörung von Weltkulturerbe vor dem Internationalen Strafgerichtshof"


Im Fall The Prosecutor v. Ahmad Al Faqi Al Mahdi hat der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) zum ersten Mal über die Zerstörung von Weltkulturerbe als Kriegsverbrechen verhandelt. Zentral war dabei die Bestimmung des Verhältnisses von Dingen und Menschen. Auf Grundlage einer während den Verfahren durchgeführten ethnographischen Gerichtssaalstudie und informiert von der Affekt- und Emotionsforschung, identifiziert dieser Artikel die rhetorische Praxis der Sentimentalisierung von Menschen und Dingen als einen entscheidenden Prozess der rechtlichen Bedeutungsherstellung. Durch Sentimentalisierung produzieren alle Parteien des Verfahrens durch ihre Rhetorik normative Arrangements von Körpern, indem die relevanten Personen, Dinge, und anderen Entitäten durch die Zuschreibung von Emotionen qualitativ unterschieden und affektiv zueinander ins Verhältnis gesetzt werden. Sentimentalisierungen bieten affektivemotionale Rahmen innerhalb derer der Grad von Schuld und Unschuld, Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit beurteilt werden kann.



GISCA 13 klein

GISCA No. 13, 2017

Bachelorarbeit

Meret Hesse

"Poesie zur Selbstbehauptung und Anfechtung: Die Bedeutung alternativer Memories für das Handlungsvermögen von Dalit Dichterinnen. Eine Analyse ausgewählter Gedichte von indischen Dalit- Autorinnen"


Ausgehend von der Darlegung der dreifachen Diskriminierung der Dalit Frauen in der indischen Gesellschaft, durch Gender, Kaste und Klasse, wird in dieser Arbeit das Handlungsvermögen von Dalit Dichterinnen betrachtet. Dafür werden fünf Gedichte von den Dalit Dichterinnen Meena Kandasamy, Challapalli Swaroopa Rani, Viljay Kumari und Darisi Sasi Nirmala mit dem Konzept des Alternativen Memory betrachtet und analysiert, inwiefern sich in den Gedichten das Handlungsvermögen von Dalit Frauen zeigt.



GISCA 12 Guccini klein

GISCA No. 12, 2017

Masterarbeit

Federica Guccini

"A Sense of 'Recognition': Negotiating Naming Practices and Identities of Overseas Chinese Students in Transcultural Spaces"


Die vorliegende Arbeit soll mit mehreren ethnologischen Migrations-, Identifikations- und Sprachtheorien über Verhandlungen chinesischer Namensgebungspraxen in transkulturellen sozialen Räumen Aufschluss geben. Viele junge Chines_innen, die im Ausland studieren, legen sich zusätzlich zu ihrem chinesischen Geburtsnamen auch internationale Namen zu, die in unterschiedlichen Situationen Anwendung finden. Die Autorin argumentiert, dass die Namenswahl eine bedachte Entscheidung ist, die an Selbstwahrnehmung und Agency sowie an Identifikationsprozesse und Positionierungen im sozialen Raum geknüpft ist. Außerdem spielt „Chinesischsein“ eine wichtige Rolle in der Zulegung eines chinesisch-internationalen Namens, da chinesische Namensgebungspraxen oft zur Wahl des Namens beitragen. Die Forschungsergebnisse zeigen, dass Namen oft situationsbedingt in verschiedenen sozialen Räumen verwendet werden sowie mit dem Ziel, ein „Gefühl des Wiedererkennens“ herzustellen – den Wunsch, dass eine Identität, oder multiple Identitäten, durch den Namen sichtbar werden.



GISCA 11 Müller Titelbild klein

GISCA No. 11, 2017

Bachelorarbeit

Max Müller

"Die vietnamesische Diaspora in Berlin: Transnationale Identitätskonstruktionen im Spannungsfeld zwischen Viet Kieu und Bindestrich-Deutscher"


Aufbauend auf einem Theorieteil zu Diaspora- und Identitätsdiskursen, sowie der Darstellung der vietnamesischen Migrationsgeschichte nach Deutschland, wird in dieser Arbeit das Zugehörigkeitsgefühl einer kleinen Gruppe von jungen Berlinern dargestellt. Alle Gesprächs- und Forschungspartner dieser Studie einte, dass ihre Eltern als sogenannte Vertrags arbeiter in der Mitte der 1980er Jahre aus Vietnam in die DDR oder in andere benachbarte Ostblock-Staaten kamen. Kurz nach dem Fall der Mauer wurde der Großteil der späteren Interviewpartner geboren, zu einer Zeit der aufenthaltsrechtlichen Unsicherheit ihrer Eltern, der offenen Diskriminierung vietnamesischer Menschen in den neuen Bundesländern, aber auch inmitten des langsamen Beheimatungsprozesses ihrer Eltern in Deutschland. Als Kinder vietnamesischer Eltern wuchsen sie in der wiedervereinigten Bundesrepublik fortan zwischen zwei verschiedenen kulturellen, moralischen und gesellschaftlichen Systemen auf. Eigene Aussagen bezüglich ihrer transnationalen Kindheit, dem Aufwachsens in Deutschland und ihrem Gefühl der Mehrfachzugehörigkeit schließen diese Arbeit.



Titelbild GISCA 10 Braunwalder 206

GISCA No. 10, 2017

Masterarbeit

Rhea Braunwalder

"Keep(ing) it in the Family?: Intergenerational Care Relationships in a Contemporary Japanese Village"


Anhand von Daten einer 9-wöchigen Feldforschung auf der Insel Sado untersuche ich wie Familienmitglieder im Wissen um die Entvölkerung und Migration in ländlichen Regionen familiäre Pflegeverpflichtungen wahrnehmen. Plädierend für das Dorf als ethnographisch wertvollen Kontext verknüpfe ich Pflege, Generationen und den Lebenslauf und untersuche Kinderpflege, Altenpflege und die Pflege von verstorbenen Familienmitgliedern. Ich konstatiere, dass Pflege, verstanden als sozial anerkanntes Recht welches einem Menschen in bestimmten Lebensphasen zusteht, Teil eines impliziten, intergenerationellen Vertrages auf Lebensdauer ist. Pflegeverpflichtungen können intergenerationelle Beziehungen stärken und können auch zu Frustrationen führen. Dies gilt vor allem für die ältesten Söhne, denen traditionell die Verantwortung für die Familie zusteht. Für jüngere Generationen stelle ich fest, dass es zunehmend Spiel- und Gestaltungsraum in Pflegeverpflichtungen gibt, der Vertrag zwischen den Generationen jedoch bleibt wenig umstritten.



GISCA 9 klein

GISCA No. 09, 2017

Vortrag im Institutskolloquium

Mark Münzel

"Jaguar und Wildschwein, eine Fabel für Menschen. Oder: Der Aufstieg des Jaguar zum Himmel, ein Karriereleitfaden für Wissenschaftler"


Der sog. „Indianische Perspektivismus“ (Perspectivismo Ameríndio) stellt einen Versuch dar, europäische Philosophie, nicht zuletzt die Machtphantasien eines faschistoid verstandenen Nietzsche, südamerikanischen Schamanen anzulasten. Das erzähle ich in Form einer Tierparabel, die den Stil südamerikanischer indianischer Tierparabeln nachahmt, dabei aber den Schematismus des Strukturalismus und des Perspektivismus karikiert.




2016


Titelbild GISCA8
GISCA No. 8, 2016

Masterarbeit

Matthew Fennessy

"Marriage, Modernity and 'Manner': A Burmese-Buddhist Woman's Agency in Contemporary Yangon, Myanmar: An Ethnopgraphic Portrait"


Despite a resurgence of academic interest in Myanmar since the "opening" in 2011, little research exists on the growing urban middle-class, and even less on women. This paper is an ethnographic portrait of Chan Chan, a "modern", unmarried 33-year-old middle-class Burmese-Buddhist woman living in contemporary Yangon. I examine how she conceives of agency, and produces herself as an agent. I then analyse how she seeks to carve out agentive spaces for herself while performing "appropriate" femininity from typically subordinate positions. To do this, I examine her practice in pursuit of her projects: in relation to me, to her parents, in her desire to marry, in her imaginations of a husband, and in her pursuit of a better rebirth. Contextualising Chan Chan as a subject in broader societal discourses, this paper throws light on how woman like her do life in contemporary Myanmar, in a time when established discourses on women‘s "high-status" are being increasingly challenged.



GISCA7
GISCA No. 7, 2016

Annika Witte

"Uncertain Blessings: Imagining a Future Petro-state in Uganda"


In this paper, I argue that even though oil production in Uganda has not yet started, the oil is already relevant in its anticipation. In its “not-yet” state, the oil has gained a discursive presence in politics, media and civil society. I analyse the visions of the future that are created in this oil talk. The government paints a picture of a bright future, in which oil is a blessing to all, while civil society portrays oil as a shadow looming over Uganda. Despite this difference, I show that all the visions refer to the resource curse: Oil can either be a blessing or a curse. I understand the resource curse discourse as a form of risk communication. I propose that for people in the oil regions knowledge of the resource curse as a risk increases existing feelings of uncertainty with regard to the oil. The paper is based on 15 months of fieldwork in Uganda between 2012 and 2015.



GISCA 6 Deckblatt
GISCA No. 6, 2016

Bachelorarbeit

Kirsten Dohmwirth

"Alterssicherung in der Kommune Niederkaufungen: Eine Betrachtung anhand des Gabentauschkonzeptes"


Ausgehend von der Frage nach einer wachstumsneutralen Sozialen Sicherung im Sinne der Postwachstumsbewegung untersucht die vorliegende Arbeit anhand einer kleinen empirischen Studie die Alterssicherung der Kommune Niederkaufungen. Diese fußt neben dem herkömmlichen Sicherungssystem unserer Gesellschaft auf weiteren sicherheitsstiftenden Elementen wie einer gemeinsamen Ökonomie, kollektivem Arbeiten, verlässlichen Beziehungen, egalitären Strukturen und einer übergeordneten Werteorientierung. Mit Hilfe klassischer wirtschaftsethnologischer Modelle von Gabe, Austausch, Teilen, Reziprozität und Redistribution [nach Mauss und Sahlins] werden vorgefundene Dynamiken der Kommune ethnographisch beschrieben. Dabei stellt sich der Gabentausch als ein Grundprinzip der sozialökologischen Konsensgemeinschaft heraus.Die Alterssicherung sowie das gesamte Ordnungssystem der intentionalen Gemeinschaft beruht auf permanenten und konfliktreichen Aushandlungen, die durch Prozesse des Gebens und Nehmens gestaltet sind.Selbstorganisation auf Basis von Solidarität als ein Grundprinzip der kommunitären Sicherung ist sowohl als Ergänzung eines auf Verträgen basierenden Sicherungssystems diskussionswürdig, als auch als ein Baustein für wachstumsneutrale Gesellschafts- und Sicherungskonzepte.



WordWarsCover
GISCA No. 5, 2016

Julia Vorhölter

"Word Wars - Competing Interpretations of the Armed Conflict between the LRA and the NRM Government in Northern Uganda (1986-2006)"




Dieses Working Paper analysiert wie Darstellungen des Krieges zwischen der Lord’s Resistance Army (LRA) und der ugandischen Regierung sich über die vergangenen Jahrzehnte entwickelt und verändert haben. Ich argumentiere, dass sich dabei zwei mehr oder weniger kohärente Diskurse unterscheiden und vergleichen lassen: ein relativ unkritischer und tendenziell pro-Regierungs-Diskurs, der seinen Fokus auf die LRA, ihre Gewalt und scheinbare Irrationalität legt, und einen Gegendiskurs, der versucht den engen Fokus auf die LRA zu überwinden und eine kritische Perspektive auf die Rolle der ugandischen Regierung im Krieg propagiert. Die Analyse zeigt, wie komplexe soziale Realitäten (wie Kriege) mit der Zeit in kohärente, aber oftmals widersprüchliche Narrative geordnet werden.



GenderedAgencyCover
GISCA No. 4, 2016

Masterarbeit

Johanna Kühn

"Gendered Agency - Das Engagement der Frauen von MachsomWatch in Israel und dem Westjordanland"


Die ausschließlich ‚weiblichen‘ Mitglieder der israelischen Organisation MachsomWatch drücken ihren Protest gegen die israelische Militärpräsenz im Westjordanland u.a. dadurch aus, dass sie Zeugnis über die Vorgänge an den militärischen Kontrollpunkten ablegen. Hierbei stehen sie in der Regel Soldaten oder privatem, ‚männlichem‘ Sicherheitspersonal gegenüber. Auf Basis einer ethnologischen Feldforschung in Israel und an den Militärkontrollpunkten im Westjordanland stellt die Autorin die These auf, dass die gesellschaftsweit geteilten Konstruktionen über die Genderkategorien ‚Frau‘ – assoziiert mit Konsens und ziviler Sphäre – versus ‚Mann‘ – assoziiert mit Gewalt und Militär – die mit Konditionen verbundene Grundlage für ein genderspezifisches Handlungsvermögen (Gendered Agency) darstellen. Die Kategorisierung als ‚weiblich‘ eröffnet und verschließt den MachsomWatch-Frauen hierbei Handlungsmöglichkeiten an den Checkpoints. Die Autorin bestätigt somit einerseits den Tenor sozialwissenschaftlicher Studien über MachsomWatch, dass Gender einen handlungsermöglichenden Einfluss auf die Aktivitäten der Organisation besitzt. Andererseits zeigt sie auf Basis des ethnographischen Materials aber auch die Ambivalenzen und Limitationen des genderspezifischen Handlungsvermögens der MachsomWatch Frauen auf.



GISCA 3
GISCA No. 3, 2016

Bachelorarbeit

Tom Scheunemann

"Die Hybridität der Nation": Narrative Strategien der Gruppenbildung in Iraqi Kurdistan aus der Perspektive von Homi K. Bhabha"


Diese Arbeit drängt auf die Analyse der Komplexität nationalistischer Narrative – exemplarisch aufgezeigt am Beispiel der irakischen Kurden – und bedient sich dabei der Konzepte Homi K. Bhabhas, um sowohl unwahrscheinliche Erfolge nationalistischer Konstruktionen, als auch deren inhärente Brüchigkeit zu veranschaulichen. Mit Bhabhas Begriffen der Differenz, Hybridität, Mimikry und des Dritten Raums wird gezeigt, wie die Gleichzeitigkeit dieser Brüchigkeit und der unwahrscheinlichen Stärke nicht zufällig zu beobachten ist, sondern Voraussetzung für die Konstruktion von Identität ist. Anstatt nationalistische Rhetorik durch unhinterfragte Wiederholung zu reifizieren, rücken die Kernfunktionsweisen nationalistischer Narrative in den Fokus. Der Konflikt zwischen irakischem Zentralstaat und kurdischer Autonomieverwaltung wird als ein komplexer Prozess beschrieben, in dem, fern jeder Dialektik, hybride Identitäten in gegenseitiger Abhängigkeit und durch ein komplexes Hin und Her vorläufig stabilisiert werden. Dadurch lässt sich der Konflikt als ein Prozess der Entstehung der konstruierten Nation beschreiben, ohne dabei diese Geschichte als einen Kampf zweier kohärenter (nationaler) Subjekte zu erzählen.



GISCA 2 Titelbild
GISCA No. 2, 2016

Masterarbeit

Sophie Städing

"Rote Hochzeiten": Eine ethnologische Untersuchung kambodschanischer Heiratsbiographien aus der Zeit der Khmer Rouge"


Das Regime der Khmer Rouge (1975-1979) in Kambodscha führte eine spezielle, staatlich verordnete Heiratspraxis ein. Die aktuell zirkulierenden Diskurse zum Thema Heirat im Khmer Rouge-Regime zeigen meist eine eindimensionale Darstellung der damaligen Heiratspraxis als „Zwangsheiraten“. Die zentrale Frage, der die Arbeit in einer detaillierten Untersuchung unter Einbezug von Sherry Ortners handlungstheoretischem Ansatz zu „Agency“ nachgeht, ist, welches Handlungsvermögen die unterschiedlichen Akteur_innen im Kontext der Khmer Rouge-Heiraten besaßen. Basierend auf im Rahmen einer mehrmonatigen Feldforschung in Kambodscha erhobenen narrativen Interviews, ermöglicht die Autorin Einblicke in die Heiratsbiographien von betroffenen Kambodschaner_innen. Sie gelangt zu dem Schluss, dass in gängigen Diskursen das Handlungsvermögen der betroffenen Personen unterschätzt wird. Die von den Beteiligten geschilderten Heiratsrealitäten zeichnen ein weitaus komplexeres Bild der Heiraten im Regime der Khmer Rouge. Es existierten – wenn auch in unterschiedlichem und teils sehr begrenztem Ausmaße – Einfluss- und Handlungsmöglichkeiten der Akteur_innen auf lokaler Ebene. So hatten nicht nur die regionalen und lokalen Kader der Khmer Rouge einen wichtigen Einfluss auf die Umsetzung der Heiratspolitik, sondern auch die heiratenden Frauen und Männer sowie ihre Familien verfügten über Handlungsmacht und versuchten eigene Heiratsprojekte zu verfolgen.




2015


GISCA Nr. 1 Titel
GISCA No. 1, 2015

Jasmin Ii Sabai Günther

"Malereien aus Papua-Neuguinea: Akteure, Repräsentationen, Identitäten"


Palmblattmalereien aus Papua-Neuguinea präsentieren sich in ihrem lokalen Kontext sowie in ethnologischen Museen und Galerien zeitgenössischer Kunst weltweit. Ihre Kategorisierung als Kunst oder Nicht-Kunst wird dabei stetig diskutiert, weil sie ‚traditionell‘ semantisch und nicht ästhetisch motiviert sind. Im Gegensatz zu einigen anderen Publikationen über Palmblattmalereien oder Kunst aus Papua-Neuguinea beleuchtet die vorliegende Arbeit kein ‚entweder-oder’, sondern ein ‚sowohl-als-auch‘. Es wird argumentiert, dass dies möglich ist, weil auch Dinge multiple Identitäten besitzen: so können die Palmblattmalereien hier u.a. als Vermittler von Mythen und Moral, Ausdrücke von Mensch-Umwelt-Beziehungen sowie Verweise auf Orte und Identitäten etabliert werden. Interessant ist, dass all diese Rollen auch auf zeitgenössische Werke zutreffen, deren Status als Kunst in der Regel nicht in Frage gestellt wird. Sie alle bilden (Re-)Präsentationsplattformen, die von unterschiedlichen Akteuren auf vielerlei Arten ausgehandelt werden und sich demnach trotz ihrer vermeintlich passiven Materialität ständig in Bewegung befinden. Hierbei handelt es sich nicht immer um Bewegungen physischer Natur, sondern hauptsächlich um Rekontextualisierungen, welche sich sowohl linear als auch simultan abspielen können. Die nachfolgende Arbeit macht die Dinge zu Beteiligten an Handlungen, die mit ihren hier entschlüsselten multiplen Identitäten einen Subjekt-Objekt-Dualismus in Frage stellen. Um die Wirkmacht der Malereien aufzuzeigen, verknüpft die Autorin relevante Literatur und Theorien aus dem ethnologischen Fachbereich mit eigenem ethnographischem Material, das in Papua-Neuguinea und Australien erhoben wurde.