Dr. Fabienne Jourdan
Fellow von Oktober 2010 bis Juli 2011
Dr., Geschichte der Philosophie, Chargée de recherches am Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS) Paris IV-Sorbonne, Frankreich
Geboren 1978 in Thonon-les-bains, Frankreich
Studium der klassischen Philologie und der Geschichte der Philosophie in Lyon und Paris
Forschungsvorhaben:
Das Böse im Platonismus des 2. und 3. Jahrhunderts n. Chr.: Eine durch philosophische und religiöse Auseinandersetzung entwickelte Lehre
Die Frage nach dem Wesen und der Herkunft des Bösen stellt eine große „Herausforderung für die Philosophie und die Theologie“ dar (Ricœur, 2004). Ziel des Forschungsprojekts ist es zu untersuchen, wie sich die Platoniker im 1. bis 3. Jahrhundert n. Chr. (von Plutarch bis einschließlich Plotin) dieser Herausforderung stellten und wie sie ihre Vorstellungen und Konzeptionen in Auseinandersetzung mit zeitgenössischen Denkern entwickelten. Ihre Lehre vom Bösen wurde für sich zwar häufig in der Sekundärliteratur behandelt. Dabei wurde aber nicht ausreichend beachtet, wie sie ihre Systeme in kontroversen Diskussionen mit den anderen philosophischen Schulen einerseits und mit Christen und Gnostikern andererseits entworfen und fortentwickelt haben.
Da die (Mittel- und Neu-)Platoniker ihre Philosophie als Auslegung der Lehre Platons entwarfen, soll ihre Platonauslegung an den Texten ihres Meisters selbst gemessen werden. Der erste Teil der Arbeit besteht deswegen darin, die Lehre vom Bösen bei Platon zu erläutern. Darauf aufbauend versuchen sodann die folgenden Untersuchungen zu erklären, woher die unterschiedlichen Platonauslegungen kommen bzw. in welchen kulturellen, philosophischen und religiösen Kontexten sie entstanden sind.
Die Erörterung der (mittel-)platonischen Lehre vom Bösen im Zusammenhang der Auseinandersetzungen mit den anderen philosophischen Schulen stellt den zweiten Schritt dar. Zwei Autoren werden hierfür exemplarisch ausgewählt. Einerseits werden die Ansichten von Plutarch beschrieben und vor allem als Antwort auf die Auffassungen der Akademiker, Neo-Pythagoräer und Stoiker betrachtet. Die Beziehungen Plutarchs zu religiösen Traditionen (Zarathustra; Ägypten) sollen dabei mit einbezogen werden. Andererseits wird auf Numenios' Lehre eingegangen, indem deutlich gemacht wird, wie Numenios auf die Positionen der anderen Neo-Pythagoräer und der Stoiker reagiert und wie er auch die antike Weisheit des Orients (und dabei die der Juden) berücksichtigt.
Dieses Forschungsprojekt wird sich schließlich mit den Auseinandersetzungen zwischen Platonikern, Christen und Gnostikern über das Thema des Bösen befassen. Dabei wird zum einen Kelsos' Kontroverse mit den Christen und Gnostikern und zum andern diejenige Plotins mit den Gnostikern untersucht.
Ausgewählte Publikationen:
Jourdan, F. 2011. „Woher kommt das Übel? Platonische Psychogonie bei Plutarch“ in R. Hirsch-Luipold und A. Grünschloss (Hg.), Kosmologie, Kosmogonie, Schöpfung. Tübingen: Mohr Siebeck, Ratio Religionis Studien 2.
Jourdan, F. 2011. Orphée et les Chrétiens, La réception du mythe d'Orphée dans la littérature chrétienne grecque des cinq premiers siècles, Tome II, Pourquoi Orphée ? Les réécritures polémiques et religieuses du mythe d'Orphée dans la littérature patristique grecque jusqu'au début du VIe siècle. Paris: Les Belles Lettres, Anagôgê.
Jourdan, F. 2010. Orphée et les Chrétiens, La réception du mythe d'Orphée dans la littérature chrétienne grecque des cinq premiers siècles, Tome I, Orphée du repoussoir au préfigurateur du Christ. Réécriture d'un mythe à des fins protreptiques chez Clément d'Alexandrie. Paris: Les Belles Lettres, Anagôgê 4.
Jourdan, F. 2010. Poème judéo-hellénistique attribué à Orphée, Production juive et réception chrétienne. Paris: Les Belles Lettres, Fragments.
Jourdan, F. 2003. Le Papyrus de Derveni, Introduction, traduction et commentaire. Paris: Les Belles Lettres, Vérité des mythes 23.