Diskriminierungsschutz im digitalen Lehren und Lernen


Als Lehrende*r sind Sie seit Beginn der Corona-Pandemie gefordert, Ihre Lehre vermehrt in digitaler Form umzusetzen. Viele Studierende erleben die veränderten Bedingungen als Herausforderung, da es ihnen an zeitlichen Ressourcen, technischer Ausstattung oder einem ungestörten Arbeitsplatz mangelt. Für manche Studierende hingegen sind insbesondere asynchrone digitale Formate aufgrund ihrer zeitlichen Flexibilität erleichternd.
Mit dieser Webseite möchten wir Sie dabei unterstützen, Ihre digitale Lehre so umzusetzen, dass alle Beteiligten dabei gewinnbringend und möglichst diskriminierungsarm zusammenarbeiten können. Weitere Informationen der Universität zu den Rahmenbedingungen von digitalem Lehren und Lernen und zu Fragen im Kontext der Pandemie finden Sie in der Seitenleiste.

Grundsätzliche Hinweise für die Lehre

  • Berücksichtigen Sie bei der Gestaltung und Durchführung der Lehre einschl. Beratung, Betreuung und Prüfung, dass die zeitlichen, räumlichen, technischen, finanziellen und emotionalen Ressourcen der Studierenden in Folge der Corona-Pandemie ggf. eingeschränkt sind. Haben Sie dabei insbesondere die Situation internationaler Studierender im Blick. Machen Sie ggf. auch eigene Einschränkungen deutlich.
  • Kinderbetreuungszeiten in Einrichtungen wie Schule und KiTa sind insb. im Herbst und Winter nicht immer verlässlich. Studierende mit Kindern müssen daher parallel zum Studium teilweise Kinderbetreuung, Homeschooling und Versorgung leisten und sind nur eingeschränkt zeitsouverän.
  • Studierende, die Angehörige pflegen, müssen mit der Einschränkung bzw. dem Wegfall von ambulanten Pflegediensten oder Pflegekräften rechnen.
  • Zahlreiche Studierende befinden sich seit dem Sommersemester 2020 aufgrund des Wegfalls von Nebenjobs in einer finanziellen Notlage, oder es besteht die Erfordernis der unentgeltlichen Mitarbeit im familiären Betrieb.
  • Für trans* Studierende beinhalten digitale Tools ein zusätzliches Diskriminierungsrisiko, da verschiedene, an der Universität Göttingen gängige Tools es nicht erlauben, mit selbstgewähltem Namen an Lehrveranstaltungen teilzunehmen.
  • Studierende machen teilweise verstärkte rassistische Diskriminierungserfahrungen, z.B. racial profiling im Zuge von Kontaktbeschränkungs-Kontrollmaßnahmen.
  • Insbesondere internationale Studierende können in besonderer Weise von Studienverzögerungen, finanziellen Notlagen und aufenthaltsrechtlichen Konsequenzen betroffen sowie zusätzlich mit sprachlichen Barrieren konfrontiert sein und verfügen teilweise nicht über einen ungestörten Arbeitsplatz im Wohnumfeld oder über soziale Unterstützungsnetzwerke vor Ort.
  • Einige Studierende mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen können von digitalen Lehrformaten profitieren (z.B. zeitunabhängige Nutzbarkeit), für andere entstehen damit neue Hürden für die Teilnahme an Lehrveranstaltungen oder ein erfolgreiches Absolvieren von Studien- und Prüfungsleistungen

Die Nutzung von Online- oder digitalen Formaten in der Lehre kann bestehende Diskriminierungsrisiken verstärken. Viele Risiken lassen sich schon in der Vorbereitung einer Lehrveranstaltung durch gute Kommunikation, Absprachen und Unterstützung sowie Auseinandersetzung mit der genutzten Technik minimieren. Die folgenden Empfehlungen können Sie dabei unterstützen.

Empfehlungen

Achten Sie darauf, dass Studierende möglichst zeitlich flexibel in Lehrveranstaltungen mitarbeiten können (Nutzung asynchroner Formate). Falls Sie Live-Formate einsetzen, machen Sie Ihren Beitrag denjenigen Studierenden, die nicht teilnehmen konnten, nachträglich als Aufzeichnung zugänglich. Beachten Sie die an Ihren Fakultäten geltenden Regelungen, insb. zu ggf. verlängerten Fristen bzw. Bearbeitungszeiten für Studien- und Prüfungsleistungen in Folge der Corona-Pandemie.
Eine virtuelle Lehrveranstaltung sollte idealerweise für Studierende nicht zeitaufwendiger sein als dieselbe Lehrveranstaltung in Präsenz. Auch bei der Vorbereitung sollten Sie als Lehrende entstehenden Mehraufwand ins Verhältnis zu den Ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen setzen. Verwenden Sie möglichst Werkzeuge und Formate, die nur wenig Einarbeitungszeit bedürfen.
Informieren Sie sich im Zuge Ihrer Lehrplanung über Ihre Handlungsspielräume als Lehrende*r, die z.B. Fragen des Umgangs mit Störungen oder Diskriminierungsvorfällen in der virtuellen Lehre betreffen.
Ansprechpartner*innen finden Sie in Ihren Fakultäten, in der Hochschuldidaktik, der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit sowie in der Stabsstelle Chancengleichheit und Diversität. Für rechtliche Aspekte wenden Sie sich bitte an die Abteilung Wissenschaftsrecht und Trägerstiftung. Akute Vorfälle nimmt die Notfall- und Störmeldezentrale unter 39-20000 auf.
Mit Fokus auf Präsenz-Lehrveranstaltungen finden Sie hier eine Präsentation der Abteilung Wissenschaftsrecht und Trägerstiftung: Geltungsbereich und Anwendung des Hausrechts.

Die Beantwortung häufiger Rechtsfragen zum Persönlichkeitsrecht bei Bild- und Tonaufnahmen (pdf), zum Datenschutz in Zoom (Lehrende) (pdf) und Datenschutz in Zoom (Studierende) (pdf) finden Sie über die „Web-/Videokonferenzen“-Seite des Teams Digitales Lernen und Lehren.
Beachten Sie auch das Papier „Einsatz von Videoconferencing in der Lehre und bei Gremien“ (pdf, 08.05.2020).
Weisen Sie die Studierenden zu Beginn der Lehrveranstaltung auf Anlauf- und Beratungsstellen hin, an die Studierende sich im Fall von Diskriminierungen (z.B. Hate Speech) wenden können. Ansprechpersonen, die für bestimmte Zielgruppen und spezifische Themen Beratung anbieten, finden Sie beispielsweise im „Wegweiser: Umgang mit Diskriminierung an der Universität Göttingen“ (Abschnitt: Was kann ich tun?) oder auf den Seiten „Coronavirus: Informationen A-Z für Universitätsmitarbeiter*innen“ (Stichwort: Beratungsstellen).
Entscheiden Sie vor der Veranstaltung, welche Tools sie benutzen wollen und was diese Tools können sollen. Deaktivieren Sie möglichst diejenigen Features, die Sie nicht brauchen. Je mehr Kommunikationswege (auditiv, visuell, textbasiert...) zur Verfügung stehen, desto besser können sich Studierende ihren bevorzugten Lernzugängen entsprechend einbringen.
Mit der Zahl der Kommunikationswege steigt jedoch auch das Risiko, dass diese ggf. missbraucht werden können, z.B. durch übergriffige Nachrichten in öffentlichen oder privaten Chats, das Zeigen von unerwünschten Bildern und Symbolen in Avataren, in Videohintergründen, auf Whiteboards oder freigegebenen Screens sowie das Anfertigen unzulässiger Mitschnitte oder Screenshots.
Es lohnt sich, sich im Vorfeld mit den Risiken und Möglichkeiten auseinanderzusetzen, die jedes Tool bietet, und dieses an eigene Bedarfe und Ressourcen anzupassen.

Überblick e-Learning

Informationen zu einzelnen Tools

Zum Umgang mit Störungen

Berücksichtigen Sie, dass Videoformate die Privatsphäre von Studierenden beeinträchtigen können. Stellen Sie daher im Rahmen Ihrer Möglichkeiten eine möglichst diskriminierungsfreie Nutzung digitaler Räume sicher. Wenn mit eingeschalteter Kamera und Ton teilgenommen werden soll, kommunizieren Sie, auf welcher Grundlage dies geschieht und warum das für die Lehre relevant ist.
Machen Sie immer deutlich, welche Teile einer Veranstaltung aufgezeichnet werden sollen und welche nicht. Aufnahmen sind nur durch Lehrende zulässig, und auch nur dann, wenn alle Aufgenommenen über Aufnahme und deren Verwendung informiert sind und dazu aktiv ihre Zustimmung gegeben haben (dies sollte dokumentiert werden). Die Zustimmung kann jederzeit zurückgezogen werden. Gehen Sie grundsätzlich nach dem Prinzip der Datensparsamkeit vor: Daten, die gar nicht erst anfallen, können auch nicht missbraucht werden.
Ausführliche Informationen und die Beantwortung häufiger Rechtsfragen zum Persönlichkeitsrecht bei Bild- und Tonaufnahmen (pdf), zum Datenschutz in Zoom (Lehrende) (pdf) und Datenschutz in Zoom (Studierende) (pdf) finden Sie über die "Web-/Videokonferenzen"-Seite des Teams Digitales Lernen und Lehren.
Beachten Sie auch das Papier „Einsatz von Videoconferencing in der Lehre und bei Gremien“ (pdf, 08.05.2020).
Sie können eine Vereinbarung zum gemeinsamen Lehren und Lernen treffen und diese selbst vorbereiten und/oder mit den Studierenden gemeinsam erarbeiten. Darin kann festgehalten werden, welche Wünsche und Erwartungen alle Beteiligten an die Veranstaltung und ihre Atmosphäre haben, wie sie miteinander kommunizieren wollen, wie sie mit Konflikten und aufgeheizten Diskussionen umgehen wollen, und welche Rahmenbedingungen Sie in Ihrer Veranstaltung für eine gelingende Kommunikation und zum Schutz vor Diskriminierung setzen wollen.
Reagieren Sie auf Anfragen, Bitten und Ängste von Studierenden, insbesondere inFolge der Corona-Pandemie, möglichst sensibel und signalisieren Sie Ansprechbarkeit. Dies ist bereits im Vorfeld, z.B. auf der Lernplattform-Seite der Lehrveranstaltung oder per Mail möglich, z.B. durch Formulierungen wie „Bitte teilen Sie mir mit, was ich als Lehrende*r schon vor der Veranstaltung wissen sollte.“ Stellen Sie sicher und kommunizieren Sie, dass Sie die erhaltenen Informationen vertraulich behandeln werden bzw. in welchen Fällen Sie Unterstützung durch Vorgesetzte oder Kolleg*innen hinzuziehen wollen oder müssen.
Weisen Sie zu Beginn der Lehrveranstaltung proaktiv, allgemein und frühzeitig auf die Möglichkeit von Nachteilsausgleichen hin. Kommunizieren Sie dazu frühzeitig ihre Arbeits- und Prüfungsformen und die Leistungsanforderungen (Informationen dazu: „Beantragung von Nachteilsausgleichen bei Prüfungen und Studienleistungen“).
Achten Sie darauf, dass Studierende ihnen zustehende Möglichkeiten ausschöpfen können, ohne dass sie gezwungen sind, ihre Situation öffentlich zu erläutern.
Um allen Studierenden die Teilnahme an Ihrer Lehrveranstaltung zu ermöglichen, bieten Sie - im Rahmen der Regelungen an Ihren Fakultäten - alternative Formen der Partizipation, Leistungserbringung sowie Sprechstundenmöglichkeiten an und weisen Sie proaktiv darauf hin. Gestalten Sie Lehrmaterialien (Dokumente, Aufzeichnungen, Web-Angebote) möglichst barrierefrei (s.u.).
Für diejenigen Studierenden mit Behinderungen, die nicht auf (studentische) Assistenzen oder Dolmetscher*innen zurückgreifen können, suchen Sie nach individuellen Lösungen. Gerade diese Studierenden haben aufgrund der Vorgaben der Kostenträger die Verpflichtung, ihr Studium voranzutreiben.
Universitätseigene Informationen und Handreichungen:



Weitere Informationen und Links

Bedenken Sie, dass nicht alle Studierenden über einen optimal ausgestatteten Arbeitsplatz zuhause verfügen. Haben Sie im Blick, dass Studierende ggf. nicht über die notwendige technische Infrastruktur (Netzanschluss, Endgeräte, Rechnerkapazitäten, Betriebssysteme, Drucker) und Digitalkompetenzen für bestimmte Tools und Formate verfügen. Stellen Sie sicher, dass die verwendeten Tools möglichst barrierefrei sind und keine besonderen Fähigkeiten erfordern. Fragen Sie im Studiendekanat nach möglichen Lösungen für nicht vorhandene Arbeitsmittel.
Treten Sie mit Ihrer Hochschule, und mit anderen Lehrenden in Austausch über Ihre Erfahrungen, Fragen, Probleme und Lösungsvorschläge. Machen Sie Klärungsbedarf und Wünsche nach Unterstützung auch gegenüber Ihren Vorgesetzten sichtbar. Nur so können auf überindividueller Ebene Veränderungen angestoßen werden.

Und zuletzt: Haben Sie Mut zur Nicht-Perfektion!

Zum Weiterlesen:

Zuletzt bearbeitet: 30.10.2020