Prof. Charles Zika
Fellow von Oktober 2010 bis März 2011 und von Mai bis Juli 2011
Professorial Fellow, School of Historical Studies, University of Melbourne, Australien
Geboren 1945 in Prag, Tschechien
Studium der Mittelalterlichen und Frühneuzeitlichen Geschichte Europas sowie der Orientalistik in Melbourne
Forschungsvorhaben:
Die Hexe von Endor und die Nekromantie im christlichen Europa
Mein vorrangiges Projekt wird eine Geschichte der biblischen Erzählung der Hexe von Endor darstellen, einer Dorfbewohnerin, die den toten Propheten Samuel auf Befehl König Sauls heraufbeschwor (1. Samuel 28). Meine Untersuchung der Überlieferung dieser Erzählung von der Spätantike bis zum 18. Jahrhundert durch biblische Exegese, polemische Literatur, Theateraufführungen und Bildmaterial, zielt darauf ab, Erkenntnisse zu gewinnen über die sich verändernden christlichen Einstellungen zur Kommunikation mit den Toten, das Wesen von Geistererscheinungen, Nekromantie als eine Form der Hexerei und frühe Theorien über das Wesen von visueller Wahrnehmung. Zwar war die Erzählung Gegenstand theologischer Debatten seit Origines, zum ersten Mal visuell illustriert wurde sie allerdings erst im 12. Jahrhundert, oft im Zusammenhang mit der Interpretation, die Petrus Comestor niedergeschrieben hatte und den verschiedenen Varianten der Gattung Weltchronik. Besonders seit dem 15. Jahrhundert erhielt die Erzählung durch Exegeten, Theologen, Philosophen, Dramatiker, Musiker und Künstler vermehrte Aufmerksamkeit. Danach wurde sie zunehmend sowohl durch literarische und visuelle Bilder über Hexerei beeinflusst, als auch durch andere verwandte, aber eigenständige Diskurse wie die Invokations-Magie und Wahrsagerei, sowie Nekromantie und Geistererscheinungen, Taschenspielertricks und dämonische Illusion, als auch das Interesse an natürlichen und übernatürlichen Visionen.
Reaktionen auf Naturkatastrophen in der frühen Neuzeit: das Wunderbuch von Johann Jakob Wick
Ein zweites Projekt betrifft die emotionalen und religiösen Reaktionen auf dramatische Naturkatastrophen wie Feuer, Pest, Stürme, Sturmfluten und Dürren im frühneuzeitlichen Europa. Diese Ereignisse riefen im frühneuzeitlichen Europa häufig biblische Erzählungen in Erinnerung und wurden als Strafe, Prüfungen oder Zeichen kommender Endzeiten interpretiert. Typische Reaktionen, um diese Ereignisse vorhersagen, abwehren oder erklären zu können, waren astrologische Zeichendeutung, die Ausübung religiöser Rituale, um göttlichen Beistand zu erhalten, oder die Identifikation übernatürlicher und menschlicher Sündenböcke. Dies wurde noch intensiviert durch die nach der Reformation tief gespaltenen religiösen Gemeinschaften. Die neue Technologie des Drucks und das Medium selbst boten ein Forum für diese Reaktionen seit dem späten 15. Jahrhundert und trugen schließlich dazu bei, einen öffentlichen Diskurs über Naturkatastrophen entstehen zu lassen. Ich beabsichtige diesen Diskurs anhand einer umfangreichen Kompilation literarischen und visuellen Materials, das der Züricher Pastor Johann Jacob Wick zwischen 1560 und 1588 in seinem sogenannten Wunderbuch sammelte, zu untersuchen.
Ausgewählte Publikationen:
Zika, C. 2009. Images in Service of the Word: The Witch of Endor in the Bibles of Early Modern Europe. Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums, pp.151-165.
Zika, C. 2007. The Appearance of Witchcraft: Print and Visual Culture in Sixteenth-Century Europe, London: Routledge. Paperback 2009.
Zika, C. 2005. “The Witch of Endor: transformations of a biblical necromancer in early modern Europe” in C. Zika and F.W. Kent (eds.): Rituals, Images and Words: the varieties of cultural expression in late medieval and early modern Europe. Turnhout: Brepols, pp. 235-59.
Zika, C. 2003. Exorcising our Demons: Magic, Witchcraft and Visual Culture in Early Modern Europe. Leiden/Boston: Brill, Studies in Medieval and Reformation Thought, 91.
Zika, C. 2002. Images of Circe and Discourses of Witchcraft, 1480-1580. zeitenblicke: OnlineJournal für die Geschichtswissenschaften 1(1): 35 pp.
(http://www.zeitenblicke.historicum.net)