Nachhaltigkeit im Diskurs von Infrastrukturprojekten im Königreich Hannover (ca. 1762-1837)
In Folge des Siebenjährigen Krieges und im Zuge wirtschaftlicher Bestrebungen sah Georg III. für das Kurfürstentum Hannover in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts die Notwendigkeit, Baumaßnahmen an der Infrastruktur durchzuführen. Diese umfassten nach britischem Vorbild den Bau von Chausseen, d.h. kunstmäßig ausgebaute Fernstraßen, und den Ausbau der Wasserstraßeninfrastruktur als Voraussetzung für die Förderung der Wirtschaftskraft des kurhannoverschen Landes. Das Forschungsvorhaben geht von der Annahme aus, dass im Zuge der Planung und Durchführung von Infrastrukturprojekten im Kurfürstentum Hannover Aspekte der Suffizienz, Effizienz und Resilienz und somit Phänomene von Nachhaltigkeit zwischen kurhannoverschen Behörden für Bau und Verwaltung des Fernstraßennetzes, den ausführenden Militärs und Bewohnern des Kurfürstentums, deren Landbesitz von den baulichen Maßnahmen betroffen war, ausgehandelt wurden; die Ergebnisse dieser Aushandlungsprozesse schlugen sich in der praktischen Umsetzung der Bauvorhaben nieder.
Das landeshistorische Teilprojekt untersucht diesen Diskurs über künstliche Eingriffe in die Umwelt im Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg (Kurhannover) in der Zeit der Regentschaft Georgs III. als Kommunikationsraum anhand von Aushandlungsprozessen über Infrastrukturprojekte, die unter den hannoverschen Wegbauoffizieren Anton du Plat und Georg Lasius durchgeführt wurden. Ziel des Projekts ist es, anhand der Analyse von Kommunikation über Planung und Durchführung künstlicher Eingriffe in die Umwelt den Diskurs über die Auseinandersetzungen um diese kulturellen Veränderungen und zukunftsorientierte Bewahrung der Umwelt und Phänomene von Nachhaltigkeit in der vorindustriellen Zeit auf dem Gebiet des heutigen Niedersachsens zu analysieren.
Es wird danach gefragt, wie die administrativen Akte für straßenbauliche Maßnahmen im Kurfürstentum Hannover in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts aussahen, wie im Rahmen dieser Kommunikationsprozesse Nachhaltigkeit als Argument verhandelt wurde und an welchen Praktiken nachhaltigen Agierens in der Umwelt sich die Ergebnisse dieser Aushandlungsprozesse festmachen lassen. Zentral werden auch die Fragen nach dem Umgang mit natürlichen Ressourcen und Umweltbelastungen sein. Im Rahmen der Diskursanalyse wird das Verständnis von Nachhaltigkeit der Verwaltung und des Militärs in Kurhannover betrachtet und davon ausgehend die Operation mit dem Begriff der Nachhaltigkeit unter der Annahme problematisiert, dass für den Untersuchungszeitraum eher Signaturen vergleichbarer Phänomene von Nachhaltigkeit als Praktiken von Nachhaltigkeit nach heutiger Begriffsauslegung vorliegen.