Presseinformation: 255.000 Euro für Forschungsprojekt des Instituts für Wissenschaftsgeschichte
Nr. 6/2002 - 09.01.2002
Biographisches Nachschlagewerk über spätmoderne und zeitgenössische Naturwissenschaftler
(pug) Das Institut für Wissenschaftsgeschichte der Universität Göttingen erhält rund 255.000 Euro der amerikanischen John Templeton-Foundation für die Arbeit an einem biographischen Nachschlagewerk über spätmoderne und zeitgenössische Naturwissenschaftler. Nach Angaben des Projektleiters und Institutsdirektors, Prof. Dr. Nicolaas Rupke, sollen die jeweiligen Biographien nicht nur die wissenschaftlichen Leistungen, sondern auch die religiösen Ansichten und Gewohnheiten der Forscher aufzeigen. Prof. Rupke: „Die Frage nach möglichen Wechselwirkungen zwischen Forschungsarbeit und Glaubensüberzeugungen läßt sich anhand der traditionellen Lexika kaum oder gar nicht beantworten. Das gilt nicht nur für die Naturwissenschaftler des 18. und 19. Jahrhunderts. Ähnliche Informationslücken begegnen uns auch bei Spitzenforschern des 20. Jahrhunderts.“ Die Templeton-Foundation fördert traditionell Forschungsarbeiten über die Schnittstellen von Religion und Naturwissenschaften.
Am Beispiel des Göttinger Hochschullehrers Albrecht von Haller (1708 bis 1777), einem der Gründungsprofessoren der Universität, erläutert Prof. Rupke die Notwendigkeit, sich auch mit den Glaubensüberzeugungen von Naturwissenschaftlern zu beschäftigen. Das bekannte Dictionary of Scientific Biography (DSB) beschreibe ausführlich die anatomischen und physiologischen Forschungen des Naturforschers und Arztes. „Nicht erwähnt wird, das sich der Calvinist Haller für den Bau der ersten reformierten Kirche im ansonsten lutherischen Göttingen einsetzte. Zusammen mit Hallers Botanischem Garten und der von ihm mitbegründete Akademie der Wissenschaften war sie ein Pluspunkt Göttingens im Wettbewerb um Studenten und Professoren und macht die Liste von Hallers Verdiensten um die Georg-August-Universität erst komplett“, so Prof. Rupke. Ähnliches gelte auch für den Göttinger Mathematiker Carl Friedrich Gauß (1777 bis 1855), der sich intensiv mit der Frage einer unabhängigen Existenz der Seele und eines Lebens nach dem Tod beschäftigt habe. „Längst überfällig ist eine Untersuchung der spirituellen Dimension von Gauß‘ außerordentlichen mathematischen Leistungen.“
Die Arbeit an dem biographischen Nachschlagewerk hat inzwischen begonnen. Nach Angaben von Prof. Rupke sollen zunächst eine Reihe von Kurzbiographien von Naturwissenschaftlern aus dem 20. Jahrhundert entstehen.
Kontaktadresse:
Prof. Dr. Nicolaas Rupke
Georg-August-Universität Göttingen
Philosophische Fakultät
Institut für Wissenschaftsgeschichte
Humboldtallee 11, 37073 Göttingen
Tel. (0551) 39-9466, Fax (0551) 39-9748
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