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Presseinformation: Größere Artenvielfalt führt zu mehr Dienstleistungen

Nr. 160/2016 - 18.08.2016

Wissenschaftler untersuchen Daten von rund 4.600 Tier- und Pflanzenarten auf Wiesen

(pug) Je mehr es wimmelt, kreucht und fleucht, desto besser für den Menschen, der von den vielfältigen und kostenlosen Dienstleistungen der Natur profitiert. Das ist das Ergebnis einer Studie von mehr als 300 Forschenden unter der Leitung der Universität Bern und des Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrums, an der auch Wissenschaftlerinnen der Universität Göttingen beteiligt waren. Demnach erbringt ein artenreiches und von vielen Individuen aus allen Ebenen der Nahrungskette bevölkertes Ökosystem die umfangreichsten Ökosystemdienstleistungen. Besonders wichtig ist auch die Vielfalt bislang eher unbeliebter Insekten und unscheinbarer Bodenorganismen. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Nature erschienen.

Eine blühende Wiese – neben dem ästhetischen Wert dieser Ökosysteme erbringt die Natur auch jeden Tag handfeste und kostenlose Dienstleistungen für den Menschen. Dazu zählen unter anderem die Bodenbildung, Lebensmittelproduktion, Schädlingsbekämpfung und Klimaregulierung sowie kulturelle Leistungen wie die Nutzung der Natur als Erholungsraum. Diese komplexen Ökosysteme setzen sich aus verschiedenen sogenannten trophischen Gruppen – verschiedenen Gliedern der Nahrungskette – zusammen. Welchen Einfluss die schwindende Artenvielfalt auf die Ökosystemdienstleistungen hat, wurde bislang lediglich anhand einzelner leicht zu untersuchender trophischer Gruppen wie Pflanzen studiert.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben nun erstmals alle Gruppen entlang einer Nahrungskette in einer natürlichen Graslandschaft untersucht. Sie sammelten Daten zu insgesamt rund 4.600 Tier- und Pflanzenarten aus neun Gruppen der Nahrungskette, darunter auch bislang eher vernachlässigte Arten wie Mikroorganismen, die den Boden zersetzen, und Abfallfressern wie Regenwürmern. Die Datenerhebung war Teil der „Biodiversitätsexploratorien“, einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Programms auf 150 Grünlandflächen quer durch Deutschland. Die Biodiversitätsexploratorien stellen die umfassendsten ökologischen Freilandversuchsflächen Europas dar.

Die Forscher fanden heraus, dass jede Ökosystemdienstleistung von mindestens drei trophischen Gruppen abhängig ist. „Wir haben mithilfe von Nisthilfen stengelnistende Wespen erfasst, die ihre Brut mit Larven von Schadinsekten verpflegen. Die Wespen übernehmen somit in Agrarökosystemen die wichtige Funktion der natürlichen Schädlingskontrolle“, sagt die Göttinger Agrarökologin Dr. Catrin Westphal. Je vielfältiger die Arten innerhalb der jeweiligen funktionellen Gruppe sind, desto zuverlässiger wird die Ökosystemdienstleistung erbracht. Darüber hinaus beeinflusst jede einzelne Gruppe zumindest eine Ökosystemdienstleistung. Artenreichtum muss demnach in mindestens drei der untersuchten Gruppen der Nahrungskette sichergestellt sein – da aber nicht immer dieselben drei Gruppen für das Funktionieren einer individuellen Ökosystemdienstleistung maßgeblich sind, muss der Artenreichtum über alle Gruppen der Nahrungskette hinweg erhalten bleiben. Die Studie zeigt außerdem, wie wichtig auch vermeintliche Schädlinge und unscheinbare Dienstleister wie Insekten und Bodenorganismen sind.

Originalveröffentlichung: Santiago Soliveres et al. Biodiversity at multiple trophic levels is needed for ecosystem multifunctionality. Nature 2016. Doi: 10.1038/nature19092.

Kontaktadresse:
Dr. Catrin Westphal
Georg-August-Universität Göttingen
Fakultät für Agrarwissenschaften
Abteilung Agrarökologie
Grisebachstraße 6, 37077 Göttingen
Telefon (0551) 39-22257
E-Mail: catrin.westphal@agr.uni-goettingen.de
Internet: www.agroecology.uni-goettingen.de