In publica commoda

Presseinformation: Ab April neue Regelungen zu Product Placement im Fernsehen

Nr. 69/2010 - 30.03.2010

Göttinger Jurist schreibt Doktorarbeit über Legalisierung der „Produktplatzierung“

(pug) Product Placement – das ist die geschickte Platzierung bestimmter Waren, beispielsweise in Kinofilmen. Sportwagen, Armbanduhren und andere Konsumgüter werden auf diese Weise seit Jahrzehnten werbewirksam in Szene gesetzt. Die Werbebranche erhofft sich durch diese Verknüpfung von Handlung und Produkt positive Effekte.

Im deutschen Fernsehen war diese Art der Produktwerbung bislang verboten. Hintergrund war das im Rundfunkstaatsvertrag festgeschriebene Verbot der Schleichwerbung. Doch ab dem 1. April 2010 wird Product Placement in bestimmten TV-Formaten durch eine Änderung des Vertrags legalisiert. Welche Auswirkungen das mit sich bringt, hat der Göttinger Jurist Jannis Müller-Rüster in seiner Dissertation „Product Placement im Fernsehen“ untersucht.

Mit dem geänderten Rundfunkstaatsvertrag setzen die für die Rundfunkgesetzgebung zuständigen Bundesländer eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2007 um, mit der die EU bestimmte Mindest-voraussetzungen für den Einsatz von Product Placement vorgibt, um gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen. Durch diese Legalisierung fällt ein elementarer Teil des bisherigen Rundfunkrechts weg – die strikte Trennung von Werbung und Programm. Diese Änderung beurteilt Müller-Rüster kritisch: „Die Zulassung von Product Placement steht mit dem Ziel der Meinungsvielfalt und der freien Meinungsbildung in Konflikt. Sie fördert die Ausweitung von Kooperationen zwischen Werbewirtschaft und Programmverantwortlichen und begünstigt dadurch eine direkte Beeinflussung der Programminhalte“, so der Rechts-wissenschaftler. „Es besteht die Gefahr, dass die Produktplatzierung von den Zuschauern trotz Kennzeichnung nicht als Werbung erkannt, sondern mit redaktionellen Inhalten verwechselt wird“, betont der Jurist. In seiner Dissertation untersucht Müller-Rüster das Phänomen Product Placement zunächst aus wirtschaftlicher und werbepsychologischer Sicht und vergleicht die alte Rechtslage mit der neuen. Dabei arbeitet er die wesentlichen Neuerungen heraus und spricht Fragen der Auslegung und Schwachpunkte der Regelung an. Zudem werden die Vorschriften zum Product Placement einer kritischen Analyse im Hinblick auf die Rundfunkfreiheit unterzogen.

Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die Landesmedienanstalten und zahlreiche Journalistenverbände haben sich gegen eine Legalisierung des Product Placement ausgesprochen. Auch die Presse steht einer Ausweitung der Werbemöglichkeiten im Fernsehen kritisch gegenüber. Beanstandet wurden ins-besondere die Beeinträchtigung der redaktionellen Unabhängigkeit der Programmverantwortlichen und eine mögliche Irreführung der Zuschauer.

Die Länder haben daher strenge Auflagen vorgesehen. Insbesondere im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist bezahltes Product Placement weiterhin verboten, wenn die Rundfunk-anstalten direkt oder indirekt an der Produktion einer Sendung beteiligt sind. Nur in Kinofilmen, Filmen, Serien, leichter Unterhaltung oder in Sport-sendungen ist die Produktplatzierung ab April zulässig. Private Fernsehsender können dagegen auch in selbstproduzierten Sendungen Product Placement gegen Entgelt vereinbaren und damit direkt von den Einnahmen profitieren. Als Grundregel gilt jedoch, dass die redaktionelle Verantwortung und Unabhängigkeit der Rundfunk-veranstalter im Hinblick auf Inhalte und Sendeplatz durch Vereinbarungen zur Produktplatzierung nicht beeinträchtig werden dürfen. Zur Information der Zuschauer ist zudem eine eindeutige Kenn-zeichnung des Product Placement im Vor- und Abspann der Sendung sowie nach jeder Werbeunterbrechung gesetzlich vorgeschrieben.

Trotz dieser Maßnahmen erwartet Müller-Rüster eine Fortsetzung der medienpolitischen und juristischen Debatte und zieht eine negative Bilanz der anstehenden Legalisierung: „Der gesetzliche Schutz der redaktionellen Unabhängigkeit wird drastisch reduziert. Die Kommunikations-transparenz und das Vertrauen der Zuschauer in die Objektivität des Programms werden beeinträchtigt. Demgegenüber erscheinen die positiven Effekte für die Rundfunkfinanzierung eher gering.“

Jannis Müller-Rüster wurde an der Juristischen Fakultät der Universität Göttingen promoviert. Die Dissertation „Product Placement im Fernsehen“ wurde von Prof. Dr. Christine Langenfeld, Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Dekanin der Juristischen Fakultät, betreut und mit „Summa cum laude“ bewertet. Die Arbeit wird voraussichtlich im Mai im Tübinger Verlag Mohr Siebeck erscheinen.
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Hinweis an die Redaktionen:
Ein Foto von Jannis Müller-Rüster stellen wir Ihnen auf Anfrage gerne zur Verfügung.


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