Presseinformation: Provenienzrecherche: Forschungsprojekt zu NS-Raub- und Beutebüchern
Nr. 99/2009 - 20.05.2009
Wissenschaftler und Bibliothekare der SUB untersuchen verdächtige Buchtitel im Bibliotheksbestand
(pug) Aus einem speziell aufgelegten Fonds des Kulturstaatsministeriums wird ein Göttinger Forschungsprojekt zur sogenannten Provenienzrecherche gefördert: Dabei geht es um die systematische Ermittlung von NS-Raub- und Beutegut im Bestand der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen (SUB) und seine öffentliche Dokumentation. Im Rahmen des Vorhabens, an dem Wissenschaftler und Bibliothekare der SUB beteiligt sind, soll zudem die Rückgabe unrechtmäßig erworbener Bücher vorbereitet und durchgeführt werden. Die Arbeiten starten zum 1. Juni 2009 und werden über einen Zeitraum von einem Jahr mit 30.000 Euro gefördert. Bewilligt wurden die Fördermittel vom Institut für Museumsforschung der Staatlichen Museen zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Die SUB unterstützt das Projekt mit Eigenleistungen im selben Umfang.
„Wir freuen uns sehr über diese wichtige Förderung. Sie ermöglicht es uns, auf der Grundlage der bereits im vergangenen Jahr begonnenen Vorarbeiten zu gesicherten Aussagen über NS-Raub- und Beuteliteratur an unserer Bibliothek zu gelangen und diese Forschungsergebnisse öffentlich zu machen“, erklärt SUB-Direktor Dr. Norbert Lossau. 2008 wurden in den Bibliotheksbeständen einzelne Bücher mit verdächtiger Herkunft entdeckt. Diese Funde legten die begründete Annahme nahe, dass die Göttinger Universitätsbibliothek in der NS-Zeit unrechtmäßig Titel in ihre Bestände aufgenommen hat, die zuvor von den Nationalsozialisten beschlagnahmt worden waren. Im Rahmen eines gemeinsamen Vorprojekts der Georg-August-Universität und der SUB werden seit September 2008 sämtliche 100.000 Eintragungen in den Zugangsbüchern der Bibliothek zwischen 1933 und 1950 geprüft, um den Umfang verdächtiger Erwerbungen festzustellen.
Nach dem derzeitigen Stand der Arbeiten sind voraussichtlich 7.000 als verdächtig ermittelte Bücher genau zu prüfen. „Sie werden in dem Forschungsprojekt auf mögliche Herkunftseinträge hin untersucht; begleitend wird in Archiven recherchiert. Bücher, die als unrechtmäßig erworben ermittelt werden, sollen im Bibliothekskatalog gekennzeichnet und über eine Website öffentlich zugänglich gemacht werden. Und schließlich wollen wir aktiv nach ihren rechtmäßigen Eigentümern und deren Erben recherchieren, damit wir ihnen eine Restitution anbieten können“, erläutert Dr. Lossau. Mit dem Forschungsprojekt soll zugleich die Grundlage für eine weiterführende wissenschaftliche Beschäftigung mit der Geschichte der Erwerbungspolitik der Universitätsbibliothek Göttingen in der Zeit des Dritten Reiches gelegt werden.
Weitere Informationen zu dem Projekt „Ermittlung und Restitution von NS-Raubgut der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen“ können im Internet unter www.sub.uni-goettingen.de/ns_raubgut/ abgerufen werden.
Kontaktadresse:
Dr. Silke Glitsch, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen
Papendiek 14, 37073 Göttingen
Telefon (0551) 39-22456, Fax (0551) 39-19980
e-mail: glitsch@mail.sub.uni-goettingen.de
Internet: www.sub.uni-goettingen.de