Themenfeld C.7: Anreizmechanismen zur kollektiven Nutzenmaximierung in interorganisationalen Unternehmensnetzwerken zur Nutzung nachwachsender Rohstoffe
Im Rahmen der Governance von Wertschöpfungsnetzwerken sind Anreizmechanismen für die beteiligten Akteure (vgl. Themenfelder C.3 und C.4) zu definieren, um eigennutzenmaximierendes Verhalten auf Kosten des kollektiven Nutzens zu begrenzen. Da in interorganisationalen Netzwerken hierarchische Koordinationsmöglichkeiten typischerweise fehlen (wie im Genossenschaftswesen), müssen sich die Akteure des Netzwerks durch bilaterale bzw. multilaterale Abstimmungsprozesse koordinieren. Innerhalb des Netzwerks hat jedes Unternehmen einen Anreiz, sich Eigennutzenmaximierend zu verhalten, beispielsweise durch Steigerung des individuellen Unternehmenserfolgs. Diese Maximierung des individuellen Erfolgs, beispielsweise gemessen an Kenngrößen wie Gewinn oder Umsatz, dürfte einer Maximierung des Gesamterfolgs des Netzwerks, nämlich der betriebsübergreifenden Ressourceneffizienz entgegenstehen. Das Spannungsverhältnis zwischen individueller und kollektiver Nutzenmaximierung kann nur durch eine enge strategische Abstimmung der einzelnen Unternehmen ausgeglichen werden. Daher wird untersucht, welche Anreizmechanismen die Bereitschaft zur wechselseitigen Abstimmung erhöhen. Hierbei ist von Bedeutung, dass aus einer agenturtheoretischen Sicht jedes Unternehmen des Netzwerks sowohl die Rolle des Prinzipals als auch die eines Agenten einnimmt. Das Thema basiert auf den Grundlagen der Neuen Institutionenökonomik, insbesondere auf Arbeiten der ‚Agency Theory‘ (Ross, 1973; Eisenhardt, 1989). Darüber hinaus beschäftigen sich Vorarbeiten mit den Determinanten der Einbettung von Unternehmen in interorganisationale Netzwerke (Gulati et al., 2000). Die eigenen Vorarbeiten umfassen eine Studie in intra-organisationalen Kooperationsnetzwerken (Rank, 2010). Aus theoretischer und konzeptioneller Sicht sind in diesem Themenfeld zunächst Vorarbeiten im Bereich der Neuen Institutionenökonomik notwendig, die sich mit der hier auftauchenden „Multi-Agent“- sowie „Multi-Prinzipal“-Problematik beschäftigen. Darauf aufbauend werden in einem zweiten Schritt Maßnahmen untersucht, die eine gezielte Beeinflussung dieser Anreiz- und Beitragsstrukturen ermöglichen. Ergebnis ist eine Wirkungsanalyse von Anreizen in Netzwerken als auch eine Analyse der Wirkung von Vertrauen auf das Verhalten der Akteure.
Auf methodischer Ebene erfordert die simultane Untersuchung von Netzwerkstrukturen auf mehreren Ebenen eine substantielle Erweiterung bestehender Verfahren. Zur Anwendung kommen dabei in erster Linie multivariate „Exponential Random Graph Models“ (ERGM) sowie netzwerkanalytische Verfahren, die auf dem sogenannten „Linked Design“ aufbauen (vgl. Themenfeld C.6). Die Modelle werden empirisch überprüft, beispielsweise an Netzwer-ken in der Zellstoffindustrie oder im Genossenschaftsbereich. Zu erwarten ist die Ableitung von Erkenntnissen hinsichtlich der Wechselwirkungen zwischen persönlichen und organisationalen Beziehungen sowie die Weiterentwicklung entsprechender Analyseverfahren und Modelle. Gemeinsam mit Themenfeld C.3 kann untersucht werden, ob marktliche oder hierarchische Koordinationsformen einen größeren Vorteil für die optimale Ausgestaltung von Distributionssystemen darstellen. Darüber hinaus lassen sich Anreizmechanismen zur kollektiven Nutzenmaximierung aus der Untersuchung von Bestimmungsfaktoren der Akzeptanz von Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen ableiten (Themenfeld C.4).