Theologische Fakultät würdigt Erschließung der Schriftrollen vom Toten Meer mit Methoden der digital humanities

Pnina Shor, Leiterin der Qumran-Abteilung der Israelischen Altertumsbehörde in Jerusalem, erhält die Ehrendoktorwürde der Göttinger Theologischen Fakultät. Die Fakultät würdigt damit die israelische Wissenschaftlerin „für ihre herausragende Leistung der Planung und Realisierung sowie des kontinuierlichen Aufbaus der Leon Levy Dead Sea Scrolls Digital Library“ (https://www.deadseascrolls.org.il), in der sämtliche Funde aus den Schriftrollen vom Toten Meer in höchster Qualität für Forschung und Lehre bereitgestellt und erschlossen werden.

„Ohne ihre Vision, ihr immenses persönliches Engagement, ihre Beharrlichkeit und nicht zuletzt ihre Risikobereitschaft gäbe es diese Datenbank nicht, die die Qumranforschung und damit auch die Bibelforschung auf eine neue Grundlage gestellt hat“, betont der Göttinger Alttestamentler und Qumran-Forscher Prof. Dr. Reinhard Kratz. „Die Datenbank bildet die Grundlage für Folgeprojekte in aller Welt“, darunter auch das von der DFG geförderte deutsch-israelische Kooperationsprojekt „Scripta Qumranica Electronica (SQE)“, eine digitale Neuedition der Texte vom Toten Meer, an der das Göttinger Qumran-Lexikon-Projekt unter der Leitung von R. Kratz beteiligt ist.

Bei der Leon Levy Dead Sea Scrolls Digital Library handelt sich um eine umfängliche Bilddatenbank, in der multispektrale Aufnahmen sämtlicher Fragmente der am Toten Meer gefundenen Texte enthalten und öffentlich zugänglich sind. Finanziert wurde das Projekt durch eine private Stiftung, technisch realisiert in Zusammenarbeit mit Google Israel. Die Bedeutung des Projekts ergibt sich aus dem Stellenwert der Texte vom Toten Meer (Qumran u.a.), darunter die ältesten biblischen Handschriften sowie Schriften der Gemeinschaft von Qumran, einer bis dahin völlig unbekannten jüdischen Gruppierung des antiken Judentums.

Pnina Shor studierte Englische Literatur und Archäologie an der Hebräischen Universität Jerusalem. Seit 1977 arbeitet sie in verschiedenen Funktionen für die Israelische Altertumsbehörde („Israel Antiquities Authority“, IAA), darunter 15 Jahre lang als Leiterin der Abteilung für die Konservierung von Ausgrabungsfunden und (die letzten) 10 Jahre als Kuratorin und Leiterin der Abteilung für die Schriftrollen vom Toten Meer. In dieser Zeit hat sie den Aufbau der “Leon Levy Dead Sea Scrolls Digital Library” maßgeblich vorangetrieben.

Die Ehrendoktorwürde wurde ihr mit Datum des 06. Mai 2020 durch den Dekan der Theologischen Fakultät, Prof. Dr. Bernd Schröder, verliehen. Wegen der Corona-Pandemie musste die feierliche Übergabe vorerst verschoben werden. Der Festakt in der Aula der Universität soll schnellstmöglich nachgeholt werden; neben der Laudatio durch Prof. Dr. Reinhard Kratz wird aus diesem Anlass Pnina Shor über das innovative Potential der digitalen Erschließung der Schriftrollen aus Qumran sprechen.