Prof. Dr. Roy M. MacLeod
Fellow von April bis Juni 2011
Ph.D., DLitt, Professor em. für Geschichte, School of Philosophical and Historical Inquiry (SOPHI), University of Sydney, Sydney, Australien
Geboren 1941 in den USA
Studium der Geschichte und der Naturwissenschaften an der Harvard University und der Geschichte und Wissenschaftsgeschichte an der Cambridge University sowie an der London School of Economics. Ehrendoktorwürde der Universität Bologna.
Forschungsvorhaben:
Die soziale Rolle des „Man of Knowledge“
Die aktuelle Forschung weist vermehrt auf die sich verändernden sozialen Rollen und die Verantwortlichkeit von wissenschaftlichen Experten und technischer Expertise in der modernen westlichen Gesellschaft hin. In einer Tradition, die von Max Weber und Karl Mannheim bis Florian Znaniecki und Jürgen Habermas reicht, haben Historiker und Soziologen die Ursprünge und das Wesen des „Gesellschaftsvertrags“ diskutiert, der entstand zwischen den Produzenten neuen Wissens, den Institutionen, die sie geschaffen haben und den Konsequenzen, für die sie verantwortlich gemacht wurden. In den vergangenen vier Dekaden hat es sich die neu entstandene Disziplin der „social studies of science“ (Wissenschaftsforschung) zur Aufgabe gemacht, diese Kontingenzen und ihre Rolle in der Gestaltung des Verhältnisses zwischen Wissen und Macht zu analysieren.
Mein Aufenthalt in Göttingen wird dazu dienen, zwei historische Episoden in diesen komplexen Bereichen zu untersuchen. Die erste wird sich mit dem veränderten Verhältnis zwischen ziviler Naturwissenschaft und militärischer Forschung während des Ersten Weltkrieges beschäftigen. Diese Veränderungen beeinflussten das Denken in Kriegszeiten nachdrücklich und lösten schließlich eine „Krise der Wissenschaft“ im Nachkriegs-Europa aus. Die zweite wird die Umstände und Persönlichkeiten untersuchen, die nach 1945 eine globale Bewegung auslösten, welche sich „Wissenschaft und Freiheit“ verschrieb. Zusätzlich sollen die Grundsätze wissenschaftlicher Autonomie untersucht werden, die jene Wertesysteme hervorbrachten, welche häufig mit den westlichen Wissenschaften im Kalten Krieg assoziiert werden.
Ich hoffe, diese Arbeiten profitieren von meinen Erfahrungen als Gründer und Herausgeber der Zeitschriften „Social Studies of Science” (Mitherausgeber, 1971-1992) und „Minerva“ (Herausgeber, 2000-2008). Beide Zeitschriften beinhalten wichtige Beiträge zur Geschichte und Soziologie des (natur-)wissenschaftlichen Wissens. Meine Arbeit wird idealerweise in Essays kumulieren, die zum 40. Jubiläum der ersten und zum 50. Jahrestag der zweiten Zeitschrift erscheinen sollen. Gleichzeitig hoffe ich dadurch die soziale Rolle von Wissenschaftlern in Europa während des Ersten Weltkrieges und danach bewerten zu können.
Ich hoffe außerdem, die Geschichte der Universität Göttingen und den außergewöhnlichen Einfluss dieser Universität auf die Wissenschaftsgeschichte des 20. Jahrhunderts untersuchen zu können, während ich in Göttingen sein werde.
Ausgewählte Publikationen
MacLeod, R. 2009. “Discovery and Exploration” in P. J. Bowler and J. V. Pickstone (eds.): The Cambridge History of Science, vol. 6: The Modern Biological and Earth Sciences. Cambridge: Cambridge University Press, pp. 34-59.
MacLeod, R. 2009. The Scientists Go to War: Revisiting Precept and Practice, 1914-1919. Journal of War and Culture Studies 2 (1): 37-51.
MacLeod, R. 2007. “Envoy: The History and Future of Expertise” in C. Rabier (ed.): Fields of Expertise: A Comparative History of Expert Procedures in Paris and London, 1660 to Present. Cambridge: Cambridge Scholars Publishing, pp. 339-347.
MacLeod, R. and J. Johnson (eds.). 2006. Frontline and Factory: Comparative Perspectives on the Chemical Industry at War, 1914-1924. Dordrecht: Springer.
MacLeod, R. (ed.). 2001. Nature and Empire: Science and the Colonial Enterprise (Osiris, vol. 15). Chicago: University of Chicago Press.