Gerhard Kaiser und Jens Saadhoff (Hg.)
Spiele um Grenzen.
Germanistik zwischen Weimarer und Berliner Republik.
(= Studien zur Wissenschafts- und Universitätsgeschichte, Bd. 14) Heidelberg: Synchron 2009. 272 S.
Wann hören wissenschaftliche Disziplinen wie die Literatur- oder die Sprachwissenschaft auf, wissenschaftlich zu sein? Unter diktatorischen Bedingungen, wenn sie aus Zwang, aus Anpassung oder freiwillig politisch werden? War die Germanistik während des Nationalsozialismus und in der DDR keine Wissenschaft, waren ihre Akteure keine Wissenschaftler mehr? Und welche Rolle spielen die politischen Rahmenbedingungen nach 1945 für die Ausrichtung des Fachs? Die Grenzen zwischen wissenschaftlicher und nicht mehr wissenschaftlicher Kommunikation sind oft nur mühsam zu rekonstruieren. Denn diese Grenzen verlaufen in der Regel nicht zwischen einzelnen Texten, auch nicht zwischen einzelnen Akteuren, sondern oft eben innerhalb der Kommunikationsakte selbst. Die Grenzen zwischen dem, was als wissenschaftlich und dem, was nicht mehr als wissenschaftliche Äußerung akzeptiert wird, sind variabel, und sie sind zugleich das Resultat der fortlaufenden Auseinandersetzungen um eben diese Grenzen. Die Beiträge des vorliegenden Bandes beleuchten deshalb die Grenzverwirrungen in der Germanistik und den Geisteswissenschaften im NS und in der DDR, sie fragen nach den ost-westdeutschen Verhältnissen in den Literaturwissenschaften nach 1945 und diskutieren abschließend die nach wie vor umstrittene Frage nach der Bedeutung von „1968“ für die Germanistik. Das Themenspektrum erstreckt sich dabei von der wissenschaftlichen Begriffs-, Stellenbesetzungs-, Kanonbildungs-, Forschungsförderungs- und Institutionenpolitik über Prozesse der Auf- und Abwertung von Theorien, Methoden und Gegenständen bis hin zur Diskussion der grundsätzlichen Bedeutung von politisch konstruierten Zäsuren für die Wissenschaften.