Neophythen, Baumschichtdiversität und Ökosystemfunktionen
Projektbeschreibung In dem von unterschiedlichen Waldtypen geprägten Biosphärenreservat "Valle del Ticino" (Italien) soll sich eine Junior-Forschergruppe, bestehend aus drei Wissenschaftlern/innen, mit den Auswirkungen der Biodiversität auf Ökosystemfunktionen beschäftigen. Die Häufigkeit und Diversität von nicht-einheimischen (neophytischen) Baumarten im Untersuchungsgebiet ermöglichen eine Erweiterung des Diversitätsansatzes auf die funktionelle Diversität und den Vergleich neophytischer und indigener Nachbarschaften. Diesbezüglich wird v.a. das Zuwachsverhalten von Baumindividuen in der Baum- und Strauchschicht betrachtet. Die Untersuchungen bleiben nicht auf beobachtende in-situ-Studien beschränkt, sondern werden durch ein Topfexperiment mit Sämlingen aus den Beständen abgerundet. Auf Grundlage eines Vergleiches physiologischer Charakteristika der Baumarten, der Ergebnisse aus den Jahrringanalysen sowie einer Bilanzierung der nutzbaren Biomasse nicht-einheimischer Baumarten lassen sich Empfehlungen für den Umgang mit den Gehölzen ableiten. Untersuchungsgebiet Das Untersuchungsgebiet liegt im Biosphärenreservat ‚Valle del Ticino‘, südlich des Lago Maggiore in der Lombardei, Italien. Das Biosphärenreservat wird durch den Fluss Tessin (ital. Ticino) geprägt, der seinen Ursprung in den Schweizer Alpen hat, dann in den Lago Maggiore mündet und schließlich weiter nach Süden durch das gesamte Biosphärenreservat fließt. Das Gebiet hat eine Länge von etwa 100 km und einer Breite zwischen 5 und 15 km. Wälder dominieren die Landschaft und bedecken eine Fläche von insgesamt 3500 ha, das sind 60 % der Gesamtfläche des Biosphärenreservates. Die natürliche Vegetation ist das Querco-Carpinetum, d.h. ein Mischbestand aus Eiche (Quercus robur) und Hainbuche (Carpinus betulus) mit einem großen Anteil an Edelkastanie (Castanea sativa) und Kiefer (Pinus spp.) im Norden, sowie Pappel (Populus spp.) und Schwarzerle (Alnus glutinosa) im Süden. Ende des 19. Jahrhunderts wurden verschiedene nicht-einheimische Baumarten (Prunus serotina, Robinia pseudoacacia, Quercus rubra) in das Gebiet eingebracht, sogenannte Neophyten. Seitdem haben sich diese Arten stark vermehrt und stellen heutzutage eine große Gefährdung für das ursprüngliche Ökosystem dar. Teil-Projekt A Der Einfluss von Neophyten auf die Diversität und das Wachstum der Wälder im Biosphärenreservat „Valle del Ticino“ Ökosystemfunktionen & Managementempfehlungen bearbeitet von Peter Annighöfer In diesem Teilprojekt geht es um die Möglichkeiten der Eindämmung und Nutzung fremdländischer Baumarten in einem Biosphärenreservat in Nord-Italien. Im ersten Schritt wird darum die horizontale und vertikale Bestandesstruktur im Biosphärenreservat vermessen und beschrieben, mit besonderem Fokus auf das Vorkommen der fremdländischen (und z.T. invasiven) Baumarten Robinie (Robinia pseudoacacia) und Spätblühende Traubenkirsche (Prunus serotina). Eine anschließende Faktorenanalyse für das (Nicht-) Vorkommen der Baumarten soll die waldbaulichen Möglichkeiten zur Eindämmung und Nutzung der Arten aufzeigen, woraus schließlich Handlungsempfehlungen für das Reservat abgeleitet werden sollen. Auch soll die unterschiedliche Abundanz der Neophyten entlang eines Nord-Süd Gradienten im Biosphärenreservat im Rahmen einer Ursachenforschung erklärt werden. Das besondere Augenmerk liegt bei dieser Arbeit auf den vorzufindenden Bestandesstrukturen, wie der Baumartenzusammensetzung und -verteilung, der Durchmesser- und Höhenverteilungen, der Schichtung des Bestandes und dem damit verbundenen Lichtregime im Bestand sowie den pedologischen Ausgangsbedingungen. Im Anschluss soll das Nutzungspotential der Neophyten beurteilt werden. Ziel der Potentialanalyse ist es die im Reservat vorkommenden Biomassen der Neophyten durch herzuleitende Biomassefunktionen schätzen zu können und deren potentiellen monetären Nutzen zu bewerten, wobei auch ökosystemare Folgen der Nutzung (z.B. Nährstoffentzug) berücksichtigt werden sollen. Untersuchungsmethoden: Teil-Projekt B Erfassung der Konkurrenzmechanismen einheimischer und neophytischer Baumarten. bearbeitet von Heike Kawaletz In diesem Teil-Projekt sollen die Konkurrenzmechanismen einheimischer und fremdländischer Baumarten untersucht werden. Dafür wurde auf dem Gelände der forstwissenschaftlichen Fakultät in Göttingen ein Topfversuch angelegt, in dem physiologische Eigenschaften der verschiedenen Gehölze verglichen werden sollen. Die zu untersuchenden Baumarten entsprechen der im italienischen Untersuchungsgebiet ‚Valle del Ticino‘ vorherrschenden Gehölzvegetation. Als einheimische Arten wurden Stieleiche (Quercus robur) und Hainbuche (Carpinus betulus) und als neophytische Arten Spätblühende Traubenkirsche (Prunus serotina) und Robinie (Robinia pseudoacacia) gepflanzt. Die verschiedenen Arten werden in allen möglichen Kombinationen meist zu viert in den Töpfen angeordnet (d.h. eine Art: zu viert oder einzeln, zwei Arten: jeweils zwei Individuen von zwei verschiedenen Arten, vier Arten: jeweils ein Individuum jeder Art). In insgesamt 760 Töpfen werden über einen Zeitraum von zwei Jahren die Unterschiede hinsichtlich des Wachstums und anderer physiologischer Eigenschaften (Blattfläche, Photosyntheserate etc.) zwischen den verschiedenen Baumarten dokumentiert. Im Untersuchungsgebiet breiten sich die neophytischen Baumarten immer weiter aus und gefährden so die natürliche Artzusammensetzung. In diesem Projekt soll daher herausgefunden werden, worin der Konkurrenzvorteil der neophytischen Arten besteht, den sie gegenüber den einheimischen Arten haben. Um die bessere Konkurrenzfähigkeit näher zu definieren wird zwischen ober- und unterirdischer Konkurrenz - d.h. Konkurrenz über den Spross bzw. über die Wurzeln – unterschieden. Zu diesem Zweck werden einige Pflanzen des Topfexperimentes durch unter- oder oberirdischen Trennwände bzw. vollständig oder gar nicht voneinander getrennt (oberirdische, unterirdische, keine oder volle Konkurrenz). Im zweiten Jahr sollen an den Pflanzen außerdem zwei unterschiedliche Bewässerungsvarianten getestet werden, um dadurch den Einfluss der Wasserverfügbarkeit auf die Konkurrenzfähigkeit genauer beschreiben zu können. Um die Auswirkungen der Konkurrenz beurteilen zu können, werden verschiedene Untersuchungen durchgeführt: |